1845 -
Berlin
: Klemann
- Autor: Duller, Eduard
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
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Biertes Buch. Dreizehnter Abschnitt.
von Schwyz und Glarus nahmen sich ihrer an. Als nun der Abt und
seine Freunde, die Städter, gegen sie heranzogen von St. Gallen über den
Lindenbühel zur Höhe Vöglinseck hinauf gen das Dörslein Speicher, und
den Appenzellern dies verkundschaftet worden war, gingen sie schnell hinauf,
legten sich oben in den Hohlweg, — die Schwyzer und Glarner im Wald, —
irnt) empfingen die Feinde im Engpaß so heiß, daß sechshundert Ritter in
ihren Harnischen den Geist aufgaben und die andern flohen. Das geschah
am 15. Mai 1403. Darauf brachen die Appenzeller die Burgen in ihrem
Land und machten Freundschaft mit der Stadt St. Gallen. Nun lag der
Abt (wie auch der Adel) dem Herzog Friedrich von Oesterreich an (ei-
nem Sohn Leopolds, der bei Sempach erschlagen worden war,) ihm gegen
die Hirten beizustehen, und sagte ihm: „da diese allen Leuten benachbarter
Herren die Freiheit geben, so ist auch Oesterreichs Herrschaft bedroht."
Eifrig rüstete der Herzog. Da trat zu den Appenzellem Graf Rudolf von
Werdenberg, welcher durch die Herzoge von Oesterreich um Land und
Gut seiner Väter gekommen war, in die Landsgemeinde und bat: „Laßt
mich eures Gleichen sein, und mit euch leben und kämpfen." Sprach's, und
that seinen Harnisch ab, und zog ihr Hirtenkleid an. Sie machten ihn zu
ihrem Feldhauptmann. Nun führte er sie gegen des Herzogs Kriegsvolk,
das in ihr Land einfallen wollte, auf die Höhe am Stoß. Dort stritten
(am 17. Juni 1405) vierhundert Hirten gegen eine große Ueberzahl des
tapfersten Adels. Auf einer nahen Anhöhe kamen in weißen Hirtenhemden
auch noch die Weiber und Töchter herangezogen; die Feinde hielten sie, im
Schrecken, für Männer, und flohen; die Appenzeller mit erhobenen Mord-
waffen hinter ihnen her. Als die Feinde vertrieben waren, kehrten die Sie-
ger auf den Stoß zurück und dankten Gott für seinen Beistand. Indessen
war der Herzog von St. Gallen umgekehrt und gen Arbon zurückgezogen;
da griffen ihn die Bürger der Stadt'st. Gallen am Hauptlisberg an
und schlugen ihn. Nun stellte er sich an, als wolle er nach Tvrol heim-
ziehen: aber beim Dorfe Thal ließ er sein Kriegsvolk die Wolfshalde
hinansteigen, um die Appenzeller zu überfallen. Diesen war'ö verrathen wor-
den; unerwartet griffen sie die Feinde an und jagten sie, nach verzweifelter
Gegenwehr, die Wolfshalde hinab. Da verwünschte der Herzog diesen
Krieg und ging in sein Land Tyrol zurück. Hierauf schlossen die Appen-
zeller mit der Stadt St. Gallen einen Bund auf neun Jahre, und eroberten
dankbar dem Werdenberg das verlorne Erbe seiner Väter wieder, ihren gu-
ten Gesellen, den Schwyzern, das Thal Wägi und die fruchtbare untere
Mark. Dann drangen sie ins Vorarlberg und Tyrol, riefet^dort das Volk
zur Freiheit auf und schlugen bei Land eck des Herzogs Söldner. Weit
und breit erging Schrecken vor ihrer Heldenkraft. Im Jahre 1407 brachen
sie gegen die österreichische Dienstmannschaft im Thurgau auf, eroberten wohl
sechszig Burgen und belagerten auch Bregenz, die feste Stadt am Boden-
see. Nun besorgten Fürsten und Adel einen allgemeinen Aufstand des Vol-
kes in Schwaben und Baiern und schlossen Bünde,_ um Bregenz zu ent-
setzen und die Kriegsmacht der freien Bauern zu zernichten. Sie überfielen
die Appenzeller vor Bregenz und gewannen in einem furchtbaren Kampf
endlich den Sieg über sie. Diese zogen in fester Ordnung in ihre Heimath
zurück und Niemand wagte, sie zu verfolgen. Darnach ward Frieden ge-
schloffen. Die Appenzeller behaupteten ihre Freiheit und traten 1411 in
Landrecht und Verein mit allen Eidgenossen, bis auf Bern.
Während dieser Zeit befanden sich die schwäbischen und fränkischen