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1. Die Geschichte des deutschen Volkes - S. 287

1845 - Berlin : Klemann
Geistiger Zustand in Deutschland zu Ende des Mittelalters. 287 Handel und die Eroberungslust in Amerika, so fanden die hellen Geister der Nation in den Meisterwerken der Alten eine neue Welt vor sich auf- gethan. Nun betrieb man mit schönem Eifer deren Studien, welche mit Recht „Humaniora" genannt wurden (weil sie eine humane, d. i. rein- menschliche Bildung erwirkten), sowie die Männer, welche sich damit befaß- ten, „Humanisten". Unter ihnen ragten besonders Johann Wessel, Rudolph Agricola, Konrad Celtes, Hermann von der Vussche, Erasmus voll Rotterdam, Johann Reuchlin von Pforzheim her- vor. Die Humanisten verbesserten anfangs bloß das entartete Sprachstu- dium; bald aber traten sie auch gegen die alte Scholastik auf und strebten die gesunde Vernunft wieder in ihr Recht einzusetzen. Sobald die Finster- linge dies merkten, begannen sie einen erbitterten Kampf und verschrieen und verdammten die Humanisten als Ketzer; so wurde der treffliche Johann Reuchlin von den Finsterlingen, an deren Spitze Johann Pfefferkorn und Jakob Hoogstraaten standen, aufs Heftigste angegriffen, und selbst die Universitäten Paris, Löwen, Erfurt rmd Mainz nahmen Partei gegen ihn; wohl redete kühn Ulrich von Hutten für den wackeren Mann, und bald ging der Kampf für den Humanismus auf ein weiteres Gebiet über, bald wurde er ein Kampf des erwachenden nationalen Bewußtseins gegen den romanischen Despotismus. Scharf trafen die Pfeile des Spottes, welche die Vorfechter der neuen Richtung auf die Dunkelmänner ab- schossen; sie deckten die Blößen der Finsterlinge auf, machten sic lächer- lich und trugen beit glänzendsten Sieg über sie davon. Am thätigsten war dabei der edle Ritter Ulrich von Hutten, dessen ganze Seele für Deutschlands Ehre und Freiheit glühte. Er war 1488 auf dem Schlosse Steckelberg in Franken geboren, hatte in Italien Feldzüge mitgemacht, und focht in seinem Vaterland mit den Waffen des Geistes, als Dichter und Redner, kühn und hoffnungsreich für Wahrheit und Recht. 1517 lernte ihn Kaiser Marmullan in Augsburg kennen und setzte ihm einen Lorbeer- kranz auf, welchen die geistreiche Tochter Peutingers, eines gelehrten und hochberühmten Rathsherrn, geflochten hatte; eine solche Krönung mit dem Lorbeer war damals die höchste Ehre für Dichter. Später hat Htittens edles Haupt eine Dornenkrone tragen müssen! Zu gleicher Zeit griff die Volkssprache als Schriftsprache mächtig fördernd in die freiere Entwickelung des Volksgeistes ein. Nun gab's nicht bloß deutsche Geschichtsbücher im Druck zu'jedermanns Belehrung, son- dern auch schon mehrere Uebersetzungen der heiligen Schrift ins Deutsche, wiewohl noch roh und ungeschlacht. Die alten Heldenlieder und Sagen kamen in ungebundener Rede als Volksbücher wieder an den Tag und neue dazu. Der gekünstelte steife Meistergesang verfiel, und statt dessen flatterten zahllose Volkslieder wie Frühlingsvöglein ringsumher, bald zart und herzinnig, bald kräftig und derb; Veit Weber aus Frei- burg sang herrliche Schlachtweisen vom Lrchweizerkampf gegen Burgund. Auch der Volks Witz flog damals auf, wie ein rüstiger Falke, und riß mit scharfen Krallen allen Lastern und Thorheiten die Mäntelchen vom Leibe; so schrieb Sebastian Brant ein Buch, betitelt „das Narrenschiff", worüber der berühmte Geistliche Johann Geiler von Kaisersberg sogar predigte. Die Freiheitslust des Volks machte sich im kernhasten Spott Luft. Seit der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts kamen, besonders in Nürnberg, lustige Fastnachtsspiele auf, durch welche die früheren theatralischen Vor- stellungen aus der heiligen Geschichte allmälig verdrängt wurden, und der
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