1845 -
Berlin
: Klemann
- Autor: Duller, Eduard
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
Tod Moritz' von Sachsen (1553). Augsburger Religionsftiede (1555).
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Mittlerweile hatte der Markgraf Albrecht von Brandenburg-Kulmbach,
ein wilder, unmäßiger Herr, dem nur wohl war bei Trinken und Schlagen,
Sengen und Brennen, das blutige Kriegshandwerk in Deutschland über-
müthig fortgetrieben, meistens auf Kosten der Bischöfe und Stifter. Da
that ihn der Kaiser endlich in die Reichsacht, das Reichskammergericht ver-
hängte Erekution gegen ihn, und viele Fürsten, worunter auch Moritz, hat-
ten sich gegen den Friedensbrecher vereinigt. Albrecht aber lachte über Acht
und Aberacht. — „Acht und Aberacht?" sprach er, „das macht sechzehn,"
und trug den Reichökrieg nach Niedersachsen. Dort kam's bei Sievers-
hausen, auf der Lüneburger Haide, am 9. Juli 1553 zur Schlacht. Der
wilde Markgraf wurde besiegt, später (1554) nochmals bei Kitzingen, floh
dann nach Frankreich und starb endlich zu Pforzheim 1557. Jene Sievers-
häuser Schlacht aber kostete dem kühnen Kurfürsten Moritz das Leben in
seinem dreiunddreißigsten Jahr. Er hatte die Flecken auf seiner Ehre durch
Deutschlands Errettung von der kaiserlichen Willkürherrschaft zu verwischen
gesucht; nun sühnte er seine Schuld, indem er, als Held fechtend, für die
Erhaltung von Deutschlands Ruhe starb. Als Kaiser Karl V. die Nachricht
von Moritzens Tod erfuhr, blieb er lange in finstrem Schweigen; endlich
rief der Schmerz aus ihm: „O Absalon, mein Sohn, mein Sohn!" Denn
Karl V., in dessen Brust so wenig Platz für Liebe war, hatte Moritz wahr
und tief geliebt! Seine hohe Zuversicht auf das Glück war nun gebrochen;
dahin waren all sein Stolz und sein Muth; er sah's furchtbar klar vor sich,
daß er mit all seiner Macht das Ziel seines Lebens doch nicht erreicht hatte.
Er litt außerdem an heftigen körperlichen Schmerzen (an der Gicht); Alles
erinnerte ihn an die Nichtigkeit irdischer Hoheit; und er sehnte sich so recht
von Herzen fort aus dem Getümmel der Welt, welche ihn anwiderte, nach
tiefer, unverletzlicher "Ruhe; und, von Trübsinn befangen, wollte er nicht
länger säumen, einen langgehegten, seltsamen Entschluß auszuführen. Kurz
bevor er dies that, kam am 26. September 1555 auf einem Reichstag zu
Augsburg, unter Vorsitz des Königs Ferdinand (welchen der Kaiser, Deutsch-
lands überdrüssig, zu allem bevollmächtigte), ein Neligionsfriede zu Stande.
Die wesentlichen Punkte desselben waren folgende: Es sollte eine religiöse
Duldung stattfinden, also, daß um des Glaubens wegen Niemand Verfol-
gung zu leiden habe. Ueber die augsburgischen Konfessionsverwandten sollte
keine geistliche Gerichtsbarkeit mehr bestehen (die Reformirten waren ausge-
schlossen) und sie durften die eingezogenen Kirchengüter fortbesitzen. Die
weltlichen Reichsstände sollten für ihre Person das Recht haben: zum evan-
gelischen Glauben überzutreten, desgleichen das Recht: ihren Unterthanen
dessen Ausübung ju erlauben, ebenso die evangelischen Unterthanen das
Recht: auszuwandern, wenn ihnen jene Ausübung von ihren Fürsten nicht
gestattet würde. (Dadurch kam leider der Grundsatz auf, daß die Religion
des Fürsten auch die des Landes sein müsse.) Wenn hingegen geistliche
Reichsstände evangelisch werden wollten, so sollte ihnen dies zwar freistehen,
jedoch sollten sie in diesem Fall ihre Würden dadurch verlieren, übrigens
ohne Schaden ihrer Ehre; dieser Artikel hieß der „geistliche Vorbe-
halt"; er enthielt eine reiche Aussaat von Unfrieden für's Vaterland.
Einen Monat nach diesem sogenannten „Religionsfrieden" führte Kaiser
Karl V. jenen langgehegten Entschluß wirklich aus. Er legte nämlich
die Regierung seiner vielen Reiche nieder; übergab am 25. Okto-
der 1555 seinem Sohne Philipp die Regierung der Niederlande und 1556
die Kronen von Spanien, Neapel, Westindien, und entsagte endlich in dem-
Dullcr's Gesch. d. deutsche» Volkes. - Schul-Auög. 21