1845 -
Berlin
: Klemann
- Autor: Duller, Eduard
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
Die Union und die Stgor (1608. 1609).
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trat der Erzbischof 1582 zum reformirten Glauben über und heirathete seine
Geliebte 1583. Er hätte aber auch sein Kurland gern fortbehalten, wiewohl
dies wider die Bestimmungen des „geistlichen Vorbehalts" war; doch der
Stadtrath und das Domkapitel, so wie Kaiser und Papst wehrten es dem
Kurfürsten; er wurde abgesetzt und die lutherischen Fürsten ließen ihn im
Stich, weil er nicht Lutheraner, sondern — Kalvinist geworden war. Statt
seiner wurde Ernst von Baiern mit Waffengewalt auf den erzbischöflichen
Stuhl erhoben; Gebhard Truchseß ging nach Straßburg, wo er Domdechant
war. Auch dort entstand (1592) zwischen der protestantischen und katholi-
schen Partei um die Besetzung des bischöflichen Stuhles ein Streit, der end-
lich zu Gunsten der letzteren entschieden ward.
Nun erkannten die protestantischen Fürsten allmälig die große Macht
und die noch größeren Absichten der katholischen Partei, welche ihnen den
Untergang drohte, und sie schlossen, vorzüglich auf das Betreiben des refor-
nurten Kurfürsten Friedrich Iv. von der Pfalz, im Jahre 1608 einen Bund
zu Schutz und Trutz, die sogenannte Union. Darin befanden sich Pfalz
und Hessen, Würtemberg, Baden, Anhalt, Brandenburg, die Markgrafen in
Franken und mehre Reichsstädte. Der Kurfürst Christian Ii. von Sachsen,
ein Lutheraner und schwacher Lüstling, zögerte mit seinem Beitritt. An der
Spitze des Bundes stand der Kurfürst Friedrich Iv. von der Pfalz.
Auch mit dem König Heinrich Iv. von Frankreich verbanden sich die deut-
schen Protestanten insgeheim. Das war ein gar hochstrebender Fürst, wel-
cher die Absicht hatte, die spanisch-österreichische Uebermacht zu zertrümmern,
alle Reiche Europas, jedes mit gleicher Macht wie die andern, zu einem
christlichen Staatenbunde zu vereinigen und so durch ein „europäisches
Gleichgewicht" den schönen Traum eines „ewigen Friedens" zu verwirk-
lichen.
Als nun die katholischen Fürsten die Einigkeit der Protestanten sahen,
schlossen auch sie im Jahre 1609 zu München einen Bund unter sich, als
Gegengewicht der protestantischen Union, und nannten ihren Bund die „hei-
lige Liga"; der kluge und rastlos thätige Herzog Maximilian von
Baiern, welcher, bei aller religiösen Uebereinstimmung, doch voll geheimer
Eifersucht auf Oesterreichs Macht, vielleicht auch nicht ohne Absichten auf
die Kaiserwürde selbst war, trat an deren Spitze.
Inzwischen hatte sich ein großer Streit der Fürsten entsponnen um die
Nachfolge in den Ländern des 1609 kinderlos verstorbenen letzten Herzogs
von Jülich, bis daß endlich Brandenburg und Pfalz-Neuburg die Verlassen-
schast in Besitz nahmen und bis auf völligen Austrag in Gemeinschaft ver-
walteten. Mitten in diese verwickelten Verhältnisse trafen im Jahre 1610
plötzlich zwei Todesfälle, welche denselben eine andere Wendung gaben;
König Heinrich Iv. von Frankreich wurde nämlich von einem ruchlosen
Schwärmer, Franz Ravaillac, meuchlings ermordet und in demselben Jahre
starb auch der Kurfürst Friedrich Iv. von der Pfalz, welcher einen min-
derjährigen Sohn hinterließ. Kurfürst Christian Ii. von Sachsen aber trat,
in einem Zustand von Trunkenheit, der „heiligen Liga" bei. Da schien für
den Augenblick wieder eine Friedenshoffnung aufzugehn und nach so großer
Aufregung wieder Ruhe hergestellt zu sein. Aber diese Ruhe war nur die
Schwüle vor einem Gewitter. Die beiden großen Parteien, Katholiken und
Nichtkatholiken, standen einander drohend gegenüber und beobachteten einander
mit finstrem Schweigen. Jede war bereit, auf den ersten Anlaß das Schwert
aus der Scheide zu ziehn. Die Protestanten waren dabei schwach durch