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1. Die Geschichte des deutschen Volkes - S. 388

1845 - Berlin : Klemann
388 . Sechstes Buch. Erster Abschnitt. muß, das heftige Schießen gegen Wien fortsetzen und zersplittert so seine Kraft. Bis gegen zwei Uhr des Mittags kann weder das Centrum noch der rechte Flügel der Befreier zum Schlagen kommen. Da brechen die Polen aus dem Dornbacher Wald ungestüm auf die Türken hervor; die Uebermacht wirft sie zurück, drängt sie zur Flucht. Schon wähnt der Großwesir den Sieg in der Hand zu haben. Da gebeut plötzlich der Herzog Karl von Lothringen allgemeinen Sturm auf den rechten Flügel der Türken; er nimmt ihre Batterie bei Döbling und drängt unaufhaltsam mitten in sie hinein. Jetzt haben die Polen freie Hand, und treiben die Türken bis in ihr Lager in der Rossau zurück. Mittlerweile thut die Besatzung Wiens Ausfälle, und so werden die Türken von zwei Seiten gefaßt. Nach sechs Uhr des Abends ist endlich die Schlacht entschieden. In wilder Flucht sprengen und drängen die Türken zahllos durcheinander über den Wiener Berg gen Raab hin, ihr ganzes Lager mit allen kostbaren Schätzen, Lebensmitteln und dreihundert- siebzig Kanonen in der Sieger Händen zurücklassend. So war Wien am 12. September 1683 zum zweiten Mal befreit, nachdem es durch seinen glorreichen Widerstand zum zweiten Mal das Bolllverk Deutschlands und der Christenheit gewesen. Freudig eilten die Wiener am andern Tage ins türkische Lager hinaus, wo Lebensmittel die Hülle und Fülle aufgespeichert lagen, und erquickten sich nach der langen Noch; der Bischof von Neustadt, Kollonits, suchte drin als milder Waisenvater die gefangenen Christen- kinder auf, deren gefangene Eltern der Großwesir vor dem Beginn der Schlacht hatte ermorden lassen, und pflegte die Verwundeten mit leiblichem und geistlichem Trost. „Willkommen, Held und Bruder!" rief der Polen- könig dem tapfren Kommandanten Stahremberg zu, als dieser zu ihm ins Lager hinausgeritten kam, und drückte ihn feurig ans Herz. Dann zogen die Retter in die befreite Stadt ein, und alles Volk jauchzte ihnen entgegen; jene aber staunten tiefergriffen, als sie die Trümmer- und Leichenhaufen in den Straßen, als sie Schritt für Schritt die Denkmale der grenzenlosen Noth, der Standhaftigkeit und Vaterlandsliebe der Wiener sahen. Erst am 14ten kam der Kaiser herbei, eifersüchtig auf den Ruhm des Polenkönigö, welchen das Volk fast vergötterte, und besann sich lang, mit welcher Förmlichkeit er, ohne seiner Würde was zu vergeben, denselben, als einen bloßen „Wahl- könig", begrüßen sollte. „Wie? — Veit offnen Armen, als Retter des Reichs," ricth ihm der edle Herzog Karl von Lothringen. Aber der Kaiser empfing den Polenkönig kalt und gemessen, zu Rosse sitzend, und dankte, in falschem Stolz auf seine Würde, den Polen kaum, daß sie Wien befreit hatten. Dem frommen Sobiesky lag nichts an des Kaisers Dank; er hatte den reichsten Lohn — sein Bewußtsein. Kühn verfolgte er die Türken bis Gran, kämpfte mit dem Kurfürsten Maximilian Emmanuel von Baiern in Ungarn gegen die Türken fort, und rieth dem Kaiser getreulich, dies Land ja nicht run seine alten Freiheiten rmd Vorrechte verkürzen ju wollen. Doch Leopold achtete nicht darauf. Der tapfre Herzog Karl von Lothringen setzte hierauf den Feldzug irr Ungarn mit großem Glück fort und trieb die Türken immer weiter zurück. Als nun Kaiser Leopold so im Glücke war, ließ er seiner Rache gegen Ungarn freien Lauf. Bald saß zu Eperies 1687 ein kaiser- liches Blutgericht, an dessen Spitze ein unmenschlicher Wütherich, der Ge- neral Caraffa, welcher sagte: „Ungarns Reichsverfassung, Gerichtsordnung und Gesetz sind mir grade so viel werth als ein faules Ei." Und in die- sem Sinne handelte Caraffa. Wer irgend in Ungarn einer Verbindurrg mit Tököly nur verdächtig war, oder wen die Richter dafür halten wollten,
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