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1. Die Geschichte des deutschen Volkes - S. 402

1845 - Berlin : Klemann
402 Sechstes Buch. Vierter Abschnitt. Jesuiten zogen mit großer Vollmacht im Lande umher und führten überall den Gruß ein: „Gelobt sei Jesus Christ"; so sollte Jeder, bei jeder ge- wöhnlichen Begegnung, den Andern anrufen, statt: „Guten Tag", oder wie man sich sonst zu grüßen pflegt. Das fromme evangelische Landvolk aber hielt dies für eine Entweihung des Namens Jesu, daß ihn der nächste beste lüderliche Geselle mitten im Fluchen oder Zechen im Munde führen sollte, und weigerte sich dessen standhaft. Diese Weigerung gab dem Erzbischof Firmian den Vorwand und Anlaß ju einer neuen und grausamen Verfol- gung. ^ Man durchsuchte die Häuser der Evangelischen, welche den Gruß verweigerten, und nahm ihnen die Bibeln weg, die man darin fand; sie wur- den mit Stockstreichen gezüchtigt, in Eisen und Bande geschlagen, im Ge- sängniß mit Hungerleiden bestraft, oder mit großen Geldbußen belegt, auf daß sie so aus Furcht katholisch würden. Als nun dies alles nichts fruch- tete, ließ der Erzbischof durch Beamte nachforschen, wie groß wohl die Zahl der sogenannten Ketzer in seinem Lande sei. Es waren ihrer über zwanzig- tausend; der Erzbischof aber wollte sie alle ausrotten und lieber sein Land zur Wüste machen. Nun erhob sich endlich das unterdrückte mißhandelte Volk gegen die Gewalt und schickte zugleich Boten an den Reichstag nach Regensburg und an den Kaiser nach Wien, um Hilfe für sein Recht zu er- langen; aber der Reichstag that längst nichts mehr fürs Volk, und der Kaiser ließ die Abgeordneten, welche sich so treuherzig auf den Weg gemacht hatten, in Fesseln schlagen und ihrem geistlichen Tyrannen zurückschicken, und gebot den Salzburgern, sich demselben auf Gnade und Ungnade zu unter- werfen. Da traten am 5. August 1731 wohl über hundert ältere ernste und wohlerfahrne Männer in einem Wirthshause zu Schwarzach zusammen, stell- ten sich rings um einen Tisch, worauf ein Salzfaß stand, drückten die Fin- ger in das Salz und schwuren mit auferhobenen Rechten, nie vom evange- lischen Glauben ;u lassen und sich in Noth und Tod, treu wie Brüder, mit Trost und That beizustehn. Doch sie verübten keine Gewaltthat, so arg sie auch von ihren Peinigern dazu gereizt wurden. Plötzlich aber kam kai- serliches Kriegsvolk in die Gebirge und der Erzbischof gebot am letzten Ok- tober allen Evangelischen, ihre Heimath zu verlassen; die ganz armen Leute, welche über zwölf Jahre alt waren, sollten dies binnen acht Tagen thun, die Wenigbemittelten binnen eines Monats, die, so ein größeres Vermögen besaßen, binnen zwei und drei Monaten. Dies Gebot wurde durch Solda- ten mit Gewalt vollstreckt; man riß die Bauern von Weib und Kind fort, man jagte sie vom Pflug, wie sie gingen und standen, über die Grenze, zog ihr Hab' und Gut ein und verhöhnte sie noch mit den gemeinsten Schimpf- wörtern gegen ihren Glauben; die Kinder hielt man zurück und gab sie den Jesuiten in Zuchtschulen. Da mußten die Unglücklichen in großen Haufen, oft halbnackt, in der rauhen Jahreszeit, am Bettelstab aus der geliebten Heimath fortziehen und kamen nach vielen Mühseligkeiten in protestantische Länder. Der erbärmliche deutsche Reichstag in Regensburg regte keine Hand zum Schutz der Unterdrückten. Aber König Friedrich Wilhelm I. von Preußen nahm sie mit offenen Armen auf, zum verheißungsvollen Zeichen, daß eö dem jungen preußischen Staate gezieme, sich in deutschen Landen der Freiheit kräftig anzunehmen; und das trug Preußen auch reiche Zinsen. Nun forderte der Erzbischof von allen seinen Unterthanen, daß sie ihm einen Eid leisten sollten, katholisch zu werden und zu bleiben. Da erhoben sich alle Evangelischen, und wollten lieber ihr Vaterland verlassen (wie es die andern gemußt hatten), als ihrem Glauben treulos werden, und wanderten
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