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1. Die Geschichte des deutschen Volkes - S. 453

1845 - Berlin : Klemann
Friede zu Tilsit. Das Königreich Westphalen. (1807) 453 hätten; aber sie waren dazu allzu erschöpft. Napoleon verstärkte hierauf sein Heer, welches sich an der Passarge befand, und belagerte Danzig, welches sich am 24. Mai ergab. Nun griffen die Preußen und Russen die Fran- zosen an der Passarge an, und nach vielen Gefechten kam's am 14. Juni zu einer Schlacht bei Friedland, wo Napoleon den Sieg gewann. Damit war der ganze Feldzug entschieden. Die Russen wichen nämlich gegen den Niemenfluß zurück, Napoleon besetzte am 16. Juni Königsberg und zog am 19. in Tilsit ein. Nun verlangte Kaiser Alexander von Napoleon Waf- fenstillstand und schloß am 7. Juli mit ihm zu Tilsit Frieden. Am 9. Juli that Friedrich Wilhelm desgleichen. Schon am 5. war auch die edle Königin Louise dort angekommen; hochherzig überwand sie jeden Gedanken an alle Kränkungen, welche Napoleon ihr zugefügt hatte, ja sie war ent- schlossen, den gewaltigen Sieger selbst durch Bitten zu einem ehrenvoller: Frieden und zur Schonung des Landes und Volkes zu bewegen; und wahr- lich: sie erniedrigte sich dadurch nicht; nein, diese Hingebung erhöhte noch ihren Werth; denn sie wirkte ja für das Volk. Napoleon besuchte sie zu Tilsit und sie empfing ihn mit aller Feinheit und Anmuth einer großen Seele. Im Laufe des Gespräches fragte sie Napoleon stolz, indem er sie das Uebergewicht seiner Stellung empfinden lassen wollte: „Wie konnten Sie ven Krieg mit mir anfangen?" Da erwiederte ihm Louise in edler Würde: „Es war Preußen erlaubt, ja es war uns erlaubt, uns durch den Ruhm Friedrichs über die Mittel unserer Macht zu täuschen, — wenn wir uns überhaupt getäuscht haben!" Und diese echt deutsche Frau hatte sich nicht getäuscht, da sie auf den Geist des Volkes baute. Nur darin hatte sie sich getäuscht, daß sie von Napoleons Edelmuth etwas hoffte. Napoleon benützte sein Glück und nahm in dem Frieden zu Tilsit dem preußischen Staate die Hälfte der zu demselben gehörigen Länder mit fünf Millionen Menschen. t Er machte Danzig zu eurer freien Stadt, und das polnische Land zu einem Großherzogthum Warschau, welches er dem neuen König von Sachsen übergab. Preußen verlor, außer dem polnischen Antheil, alle seine Besitzungen jenseits der Elbe bis zum Rhein. Daraus nun, so wie aus Hannover, Braunschweig und Hessen-Kassel, machte Napoleon das neue Königreich Westphalen, welches er am 15. November 1807 sei- nem jüngsten Bruder Hieronymus, einem leichtfertigen und zur Herrschaft unfähigen Mann, übergab. Dieser überließ sich lieber tollen Ausschweifun- gen, statt sein deutsches Land mit selbstständiger Kraft weise und mild zu regieren. Er saß in Kassel und war bloß das Werkzeug seines gewaltigen kaiserlichen Bruders Napoleon, welcher fortfuhr, Deutschland aufs Tiefste zu demüthigen. Von allen deutschen Staaten hatte Napoleon keinen so schwer bedrängt, als Preußen. Zusammengeschmvlzen an Ländern, und eingeschlossen zwischen andern Staaten, sollte es völlig erdrückt werden. Aber die Gewalt, so viel sie auch auf Erden vermag, — sie vermag doch nichts gegen den Geist, gegen das Recht und gegen die Sittlichkeit! Und gerade von diesem dreifachen Gesichtspunkt aus begann nun König Friedrich Wilhelm Iii., welcher sich im Unglück auf das Würdevollste benahm, weise und von recht- lichen Männern unterstützt, eine durchgreifende Verbesserung des Staats- und des Heerwesens. Er berief am 5. Oktober 1807 den Freiherrn von Stein, adelig von Geburt und edel von Gesinnung, einen echten Mann des Volkes, zum Minister, und dieser unternahm das große Werk, das ganze Staatswesen volksthümlich umzugestalten. Nun wurde das bisher
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