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1. Die Geschichte des deutschen Volkes - S. 460

1845 - Berlin : Klemann
460 Siebentes Buch. Vierter Abschnitt. 4, Seht her; der Erde Nationen, Seht und erkennet Gottes Hand. R ü ck c r t. Nun stand Napoleon auf dem höchsten Gipfel seiner Macht. Er be- trachtete die Welt als sein eigen, alle Völker als seine Sklaven, alle Kö- nige als seine Vasallen. Er erkannte Niemand über sich, nirgends sah er einen Nebenbuhler seiner Gewalt. Da ließ er seine Ehe mit seiner Gemah- lin Josephine Beauharnois, von welcher er keine Kinder hatte, auflösen, warb um die Tochter des Kaisers Franz von Oesterreich, die Erzherzogin Maria Louise, und erhielt ihre Hand. Am 2. April .1810 feierte er seine Vermählung mit ihr und fünf Königinnen trugen der Kaiserin von Frankreich dabei die Schleppe. Schon im folgenden Jahr gebar sie dem Weltbeherrscher einen Sohn, Napoleon Franz, welcher schon in seiner silber- nen Wiege König von Rom genannt wurde. So war nun der weiland Sohn der Revolution verschwägert mit einem der ältesten und ehrwürdigsten Fürstenhäuser Deutschlands; viele meinten, das sei zu Deutschlands Heil; aber dies kümmerte jenen gewaltigen Mann nichts. Am 19. Juli desselben Jahres starb Preußens Königin Louise im tiefen Schmerz über das Un- glück des Vaterlandes. Napoleon ließ nun in unbegrenzter Machtvollkommenheit seine Willkür über Deutschland ergehn. Als sein Bruder Ludwig die Krone von Holland niederlegte, weil er das Volk nicht nach Napoleons Geboten verderben wollte, erklärte dieser Holland für eine bloße Anschwemmung der drei französi- schen Ströme, des Rheins, der Maas und der Schelde, und verschmolz es mit Frankreich. Sodann vereinigte er auch einen großen Theil von Nord- deutschland, worunter die Besitzthümer mehrerer Fürsten des Rheinbun- des, Oldenburg, Hamburg, Bremen und Lübeck, mit Frankreich. Das deut- sche Nationalgefühl war ihm verhaßt; denn er wußte gar wohl, daß darin auch die Sehnsucht nach Freiheit lag, und suchte es ganz und gar zu ver- nichten. Er unterdrückte die Handelsfreiheit und die geistige Freiheit, er stellte das Zeitungswesen unter die strengste Aufsicht, um die öffentliche Mei- nung zu vernichten. Er unterhielt den nothwendigen Fluch aller Tyrannei, die Pest aller Sittlichkeit, nämlich eine geheime Polizei. So glaubte er sich unantastbar, unüberwindlich. Aber eben dieser stolze Wahn führte sein Verderben herbei. Immer kühner in seinen Entwürfen, wollte er weiter gen Osten dringen, um die Welt zu erobern, und ahnte nicht, daß indessen schon dies unser deutsches Vaterland, welches er für so ganz verknechtet und mark- los hielt, gerade durch den unerträglichen Druck sein ganzes Bewußtsein, seinen ganzen Nationalstolz, seine ganze Kraft wiedergewonnen hatte. Ver- geblich warnte man ihn vor dem Volksgeist, welcher sich in Deutschland allerorten rege; Napoleon verachtete die Deutschen und gab zur Antwort: „Die Deutschen werden niemals Spanier!" Er sollte kennen lernen, daß sie noch Deutsche waren! Es war im Jahre 1812, da schaffte der Kaiser von Rußland das un- erträgliche Kontinentalsystem in seinem Reiche ab. Dies nahm Napoleon zum willkommenen Anlaß, um Rußland zu bekriegen; er hoffte, dies unge-
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