1845 -
Berlin
: Klemann
- Autor: Duller, Eduard
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
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Siebentes Buch. Fünfter Abschnitt.
wollte und sich um diesen Preis für England und Rußland entschied. Da
ließen die Dänen, welche in Hamburg einzogen, die Franzosen in diese Stadt
eilt; die aber mißhandelten sie aus heißem Grimm aufs Aeußerste. Mitt-
lerweile bot Oesterreich die Hand zu friedlicher Vermittlung des großen
Kampfes; der edle Scharnhorst aber, welcher in der Schlacht bei Lützen
gefährlich verwundet worden war, begab sich nach Prag, angeblich zur Hei-
lung seiner Wunde, eigentlich, um Oesterreich zur Theilnahme an der ge-
meinsamen Sache aller Deutschen zu bestimmen; so fürs Vaterland wirkend,
starb er zu Prag am 28. Juni 1813, eiir echter Volksmann, weil er die
uralte deutsche Nationalbewaffnung wieder erweckt; Mar von Schenken-
dorf sang ihm nach: „er wird im Volke leben, besser als in Stein und
Erz." Napoleon hoffte noch immer, Oesterreich für seine eigene Sache zu
gewinnen, indem er ihm Schlesien anbot, weil Preußen nach seinem soge-
nannten „Abfall" von Frankreich nichts als seine Auflösung von Napoleon
zu erwarten habe. Doch alle Künste Napoleons täuschten den Scharfblick
des österreichischen Staatsmannes, des Grafen (jetzt Fürsten) Metternich
nicht, welcher Napoleons Verlegenheit erkannte und dessen alte Politik durch-
schallte, Preußen und Oesterreich durch gegenseitiges Mißtrauen von einan-
der fern zu halten. Diese Politik hielt nun nicht länger Stich und andrer-
seits gab Napoleon auch durchaus in keinem Stück nach. Er fühlte tief, daß
jetzt Alles auf dem Spiel stand, daß die Losung für ihlr nur „Sieg oder
Untergang" war. Oesterreich aber sah nun immer deutlicher ein, daß es
auch in dem Falle, wenn es sich Napoleon anschlösse, doch gar nichts ge-
winnen könnte, weil dieser gewaltige Mann stets wieder nach seiner bloßen
Willkür verfahren würde; Oesterreich erkannte den Geist und Willen,
welcher die ganze deutsche Nation bewegte, und so erklärte es sich denn
am 12. August 1813 offen gegen Napoleon. Am 15. August vernahm
es dieser zu Dresden, wo er sich aufhielt. Nun, da die alte Eifersucht zwi-
schen Preußen und Oesterreich aufgehört hatte, da beide im Augenblick der
dringendsten eigenen Gefahr nur das deutsche Nationalinteresse im
Auge haben mußten, nun war die Macht des fremdeil Herrschers über
Deutschland, welche sich bisher durch jene Eifersucht erhalten hatte, im
Grunde erschüttert. Indem aber Preußen und Oesterreich den Volkswillen
feierlich anerkannten, machte das Volk, treu und> bieder, die Sache der Für-
sten zu seiner eigenen.
Am Jo. August hatteil Preußen und Rußland, am 12. August (wie
schon gesagt) auch Oesterreich deil Krieg gegen Napoleon angekündigt. Alle
drei Mächte hatten indessen die Zeit des Waffenstillstands benützt, ilm treff-
lich zu rüsten. England, Frankreichs alter Feind, unterstützte sie mit Waf-
fen und Geld; der Kronprinz von Schweden stand als ihr Bundesgenosse
mit einem großen Heere in Norddeutschland, um Berlin liiid Brandenburg
zu decken. Jil Böhmen war die österreichische Hailptmacht unter dem Ober-
befehl des Fürsten Schwarzenberg aufgestellt, allch mit preußischen Trup-
pen (unter dem General Kleist) und mit russischen verbunden. Die preußi-
sche Hauptmacht stand unter dem alten Blücher in Schlesien; eine Hee-
resabtheilung befehligte Uork, eine russische unterstützte sie. Napoleon be-
fand sich mit dem Kern seiner Heeresmacht in der Gegend von Dresden.
Wohin er sich nun wenden mochte, überall mußte er einer feindlichen Armee
begegnen, während die beiden andern ihm im Rücken und an der Seite
standen; das war der großartige Kriegsplan der Verbündeten. Napoleon
beschloß, mit größter Macht auf das schlesische Heer loszustürzen und es