1837 -
Leipzig
: Crayen
- Autor: Vormbaum, Friedrich
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Stadtschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Stadtschule, Landschule
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
14 I. Abschn. Von d. ältesten Zeiten bis 1415 n. Chr. Geb.
Markgrafen ernannt. Nach Siegfrieds Tode wurde Graf Gero, nach-
her Graf Diedrich, dann Männer aus den Haufern der Grafen von
Walbeck, Ballenstadt und Stade mit der markgräflichen Würde bekleidet.
Diese Markgrafen hatten einen schweren Stand gegen die feind-
seligen Nachbarn. Kaiser Heinrich, der Vogelsteller, hatte nämlich
ganz richtig geurtheilt, daß der Wenden Unterwerfung nur Schein sei.
Kaum war er todt, so schien ihnen der Zeitpunkt da zu sein, das
verhaßte Joch wieder abwerfen und sich frei machen zu können. Graf
Gero, der vom Kaiser Otto I., dem Großen, zum Markgrafen ernannt
war, wurde wirklich von ihnen hart gedrängt. In der Noch ergriff
Gero gegen die Feinde ein sehr verabfcheuungswürdiges Mittel. Er
ladet dreißig wendische Oberhäupter unter dem Schein der Freundschaft
zu Gaste. Sie kommen. Aber in der Nacht ließ Gero sie alle ver-
ratherischer Weise erschlagen. Dieser Meuchelmord entflammt das
Wendenvolk zur Wuth und Rache. Sie stehen in Masse auf,
und wer weiß, ob nicht Heinrich's Stiftung rein vernichtet worden
wäre, wenn die Wenden treue Anführer gehabt hatten. Doch Gero
nimmt wieder seine Zuflucht zur Hinterlist. Er beredet den alten
Krolen Tugumir, dessen bei Kaiser Heinrich schon gedacht ist, zum
Verrath am eignen Vaterlande. Tugumir laßt in Brennabor seinen
Vetter und Thronerben ermorden und überliefert die Stadt selbst dem
Gero. Dadurch wird der Feinde Macht gebrochen, das Hevellerland
unterworfen, und alle Wenden bis an die Oder gezwungen, einen Tri-
but zu zahlen und das Christenthum anzunehmen. Um dieser heil-
bringenden Religion mehr und mehr Eingang zu verschaffen und durch
ihre schönen Lehren die Wildheit des wendischen Volkes zu bändigen
und zu mildern, stiftete Kaiser Otto im Jahr 946 Bisthümec zu
Brandenburg und zu Havelberg. Diese Stiftung wirkte nun zwar
zur Verbreitung der Lehre Jesu Christi, aber sie vermochte doch nicht,
die Rache zu unterdrücken, zu welcher die Wenden durch Gero's dop-
pelte Hinterlist entflammt waren. Zwei Brüder, Nakko und Stoig-
ueff, standen als Anführer des Volks auf und sielen mit solcher
Gewalt über die Deutschen her, daß Kaiser Otto selbst mit einem Heere
zu Hülfe kommen mußte, wenn nicht Alles verloren gehen sollte. Und
fast wäre er selbst verloren gewesen. Seine Hitze hatte ihn zu weit
geführt. Umgeben von Morasten, Flüssen und Feinden, war er den-
noch vorgedrungen und konnte plötzlich weder vor- noch rückwärts.
Hunger und Krankheit wütheten im Lager. Es war eine große
Noch, und kein andres Mittel übrig, ^ als um Frieden zu bitten. Aber
der ergrimmte Feind wies alle Vorschläge schimpflich ab. Da mußte
ein verzweifelter Angriff entscheiden. Er gelang den Deutschen, die
Wenden wurden geschlagen, selbst Stoigneff kam um's Leben. Das
Land der Ukrer unterjochte man, machte es zinsbar und zwang seine
Bewohner zur Annahme des Christenthums.
Solche hartnäckige Kriege waren gewiß nicht geeignet, Freund-
schaft und Annäherung unter Siegern und Besiegten hervorzubringen.