1837 -
Leipzig
: Crayen
- Autor: Vormbaum, Friedrich
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Stadtschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Stadtschule, Landschule
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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l. Abschn. Bon d. ältesten Zeiten bis 1415 n. Chr. Geb.
Die Gerichtsverfassung war fast diefelbe, wie wir sie unter den
anhaltinifchen Fürsten kennen gelernt haben, bis sie zuletzt ganz ver-
schwand und nur dem Namen nach da war. Das Hofgericht
zu Tangermünde erhielt die Aufsicht über alle Gerichte im Lande.
Der Fürst, besonders Karl der 4te, war selbst Vorsitzer. Auf den
Dörfern übten die Gutsbesitzer geistlichen und weltlichen Standes die
Gerichtsbarkeit in minder wichtigen Streitsachen. In die Regierungs-
zeit des Kaisers Karl fallt auch die Abschaffung der Gottesurtheile
oder Ordalien in Brandenburg. Man glaubte nämlich, Gott werde
bei verwickelten Streitsachen auf eine wundervolle Art den Schuldigen
entdecken und den Unschuldigen rechtfertigen. Daher nahm man mit
den Angeklagten sonderbare Versuche vor. Sie wurden in einen Fluß,
oder Teich geworfen; schwammen sie oben, so hielt man sie schuldig,
sanken sie.zu Boden, so waren sie unschuldig. Das nannte man die
Wasserprobe. Oder die Beklagten mußten mit bloßen Füßen über
glühende Kohlen und glühendes Eisen gehen und einen geweihten Ring
vom Grunde eines mit kochendem Wasser angefüllten Kessels holen.
Blieben sie unversehrt, so sprach man sie frei; sonst wurde ohne wei-
tere Untersuchung das Schuldig ausgesprochen, und die Unglücklichen
nicht selten zum Feuertode verdammt. Dies Verfahren hat manche
Ungerechtigkeit veranlaßt, und mancher Unschuldige dadurch auf die
schrecklichste Weise sein Leben eingebüßt.
Jede Stadt bildete fast einen kleinen Staat für sich. Der
Stadtrath, der aus zwölf Rathsherren bestand, regierte und besorgte
einzig und allein die Stadtangelegenheiten. Neue Gesetze und Ver-
ordnungen wurden von ihm mit Hinzuziehung der Gilden und Zünfte
entworfen und in Kraft gesetzt. Die Städte hatten ihre Güter, von
welchen sie bedeutende Einkünfte zogen. Außerdem gaben die Bürger
von ihrem Vermögen eine Abgabe, und die Verkäufer, die ihre Maa-
ren zum Verkauf auf die Markte brachten, mußten einen sogenannten
Stadtpfennig, eine Art Zoll, entrichten, — Alle gerichtlichen Verhand-
lungen wurden vor dem Rathhause öffentlich unter einer Halle, oder
Laube gepflogen.
Unter den baierschen Fürsten errangen mehrere Städte sehr große
Freiheiten. Durch diese gelangten sie zu bedeutenden Vortheilen,
die ihren Handel und mit diesem ihren Wohlstand sehr hoben, aber
auch Ueppigkeit und Schwelgerei einheimisch machten. Man mußte
sogar durch Gesetze Einhalt thun. So verordnet im Jahr 1355
der Magistrat zu Berlin, daß bei Festgelagen der Bürger nicht mehr
als 40 Schüsseln aufgetragen, und nicht mehr, als 80 Personen ge-
laden werden sollten! — Die letzte Regierungszeit der luxemburgischen
Fürsten, die Zeit der Noth und Verwirrung, dampfte von selbst
dies Uebel.
Liebe zum Trünke war ein Hauptlaster der Brandenburger. Ihre
Biere waren berauschend und hatten wegen der Starke manche son-
derbare Benennung. So hieß eins „Mord und Todtschlag." — Da-