1837 -
Leipzig
: Crayen
- Autor: Vormbaum, Friedrich
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Stadtschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Stadtschule, Landschule
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Das Merkwürdigste aus der Regierung Friedrichs I. 117
3v. Das Merkwürdigste aus der Regierung
Fried ri ch's l
Noch waren die Feste und Feierlichkeiten zu Berlin nicht been-
digt, als mit einem Male das Schreckenswort Krieg erscholl. Der
Tod des kinderlosen Königs von Spanien brachte halb Europa in die
Waffen. Der Kaiser Leopold verlangte die schöne Erbschaft für seinen
Sohn Karl, der König Ludwig von Frankreich stritt für seinen Enkel
Philipp. Es entstand der spanische Erbfolgekrieg. Ob nun
gleich unser Fürst nicht im mindesten bei diesem Streite betheiligt
war, so mußte er doch, zufolge des geschlossenen Kronentraktates, dem
Kaiser 10,000 Mann stellen. Dabei ließ es aber Friedrich nicht,
sondern Dankbarkeit gegen Leopold und Haß gegen Frankreich ver-
mochte ihn, 26,000 und zuletzt an 35,000 Mann Hülfstruppen in'§
Feld zu schicken. Es kämpften preußische Truppen am Rheine und in
Italien mit der größten Tapferkeit für eine.fremde Sache.
Die Gebietserweiterungen, welche Friedrich erwarb, sind nicht be-
deutend. Für den abgetretenen Schwibuser Kreis erhielt ec die An-
wartschaft auf Ostfriesland und aus die Grafschaft Limburg in Franken;
vom Churfürsten von Sachsen kaufte er die Städte Quedlinburg und
Nordhausen; vom Grafen von Solms die Grafschaft Tecklenburg in
Westphalen. Aie Stadt Elbing in Preußen, welche schon dem großen
Churfürsten verpfändet war, vereinigte er 1698 mit seinen Staaten.
Beträchtlichere Landestheile erhielt er aus der oranischen Erbschaft.
Die Mutter unsers Königs war eine Prinzesstnn von Oranien, und
ihre Ansprüche auf mehrere Landestheile dieses Hauses gingen auf den
Sohn über. Deshalb erhielt dieser 1694 das Fürstenthum Neufchatel
oder Neuenburg und die Grafschaft Valengim in der Schweiz und
1707 die Grafschaften Mörs und Lingen.
Und so hinterließ Friedrich I. seinem Nachfolger ein König-
reich, welches 2078 ^Meilen groß war. Leider hatte dies Reich
von dem blühenden Zustande viel verloren, in welchen des großen
Churfürsten treffliche Regierung es versetzt hatte. Die Erringung der
Königswürde, die Krönung selbst, die Unterhaltung so großer Heere in
den Kriegen verschlangen nicht Tausende, sondern Millionen. Als
König hielt Friedrich auch einen königlichen Hofstaat, und zwar einen
so glanzenden, als irgend ein Fürst Europa's. Hundert Kammerher-
ren waren stets im Dienste; der Kammerjunker, Kammerdiener, Läu-
fer und Heiducken Zahl hatte kein Ende. Und Alle diese wurden mit
Hunderten und Tausenden besoldet. Dazu war der König oft bis
zur Verschwendung freigebig. So schenkte er einst einem Jager, der
ihm einen ungewöhnlich großen Hirsch auftrieb, ein Gut von 40,000
Thlr. an Werth. Es war ganz natürlich, daß die Ausgaben bei,
weitem die 'gewöhnlichen Staatseinkünfte überstiegen. Der vom Vater
gesammelte Schatz verschwand bald, und Schulden hausten sich dage-
gen auf Schulden. Außerdem wurden die Unterthanen mit den