1864 -
Hildburghausen
: Nonne
- Autor: Nagel, Ernst
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Schule, Gehobene Schule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
Vii Zeitraum. Das deutsche Reich unter Lothar Iii. rc. 111
bescheint, der Regen benetzt, vor Allem, was zwischen Himmel und Erde
ist rc." Ein Schöppe, der seinen Eid brach, sollte der Hände und Au-
gen beraubt und mit herausgerissener Zunge an einem dreifachen Strick
sieben Schuh hoher als andere Schelme gehenkt werden. Sämmtliche
Freistühle erkannten den Kaiser für ihr Oberhaupt, machten ihn gleich
nach seiner Krönung zu ihrem Mitwissenden und richteten unter kaiser-
lichem Ansehen. Von Westfalen aus hatten sie sich über ganz Deutsch-
land verbreitet. Freigrafen und Freischöppen erkannten sich einander,
wie unsere Freimaurer, an gewissen Zeichen oder einem Losungsworte.
Hatte Jemand einen Raub oder Mord begangen, war er sich der
Zauberei oder Ketzerei bewußt, so hatte er Ursache genug, vor dem furcht-
baren Richterstuhl der Wissenden zu zittern, selbst wenn er vor seinem
ordentlichen Richter der Strafe schon entgangen war. Er wurde als-
dann von einem Freischöppen vor dem heimlichen Gerichte angegeben,
und wenn dieser mit einem Eide erhärtete, daß das Verbrechen wirklich
von jenem begangen worden sei, wurde der Angeklagte zur Verantwor-
tung ausgefordert. Die Vorladung geschah aber nicht öffentlich, sondern
einer der Freisrohnen schlich sich des Nachts ungesehen an die Mauern
des Schlosses oder des Hauses, wo der Angeklagte wohnte, und schlug
die Vorladung an die Thüre an. Dieser mußte sich dann an einem be-
stimmten Tage an einem gewissen Orte einfinden, der ihm angegeben
wurde. Hier wartete seiner schon ein Abgeordneter der heiligen Vehme,
der ihn mit verbundenen Augen an den geheimen Ort führte, wo die
Richter versammelt waren. Gemeiniglich hielten sie ihre Sitzungen bei
Nacht in einem dicken Walde oder in einer Höhle, oder in einem unter-
irdischen Gewölbe. Hier saßen sie vermummt bei schwachem Lichte in
schauerlichem Halbdunkel und tiefe Stille herrschte unter ihnen und rings
um sie her. Der Freigraf allein erhob seine Stimme, hielt dem Vor-
geladenen das Verbrechen vor, dessen er angeklagt war und forderte ihn
auf, sich zu vertheidigen. Konnte er sich befriedigend verantworten, so
wurde er freigesprochen und eben so geheimnißvoll, wie er gekommen war,
wieder weggeführt. Wurde er aber seiner Schuld überwiesen, so wurde
er zum Tode verurtheilt und noch in derselben Stunde, nachdem man
ihm Zeit gelassen, seine Seele in einem kurzen Gebete Gott zu empfeh-
len, mit einem Dolche niedergestoßen oder an einem Baume aufgeknüpft.
Gemeiniglich mußte der jüngste Schöppe das Henkersamt verrichten, und
Alles wurde so geheim gehalten, daß Niemand erfuhr, wer der Henker
gewesen sei. Stellte sich der Angeklagte nicht auf das erste Mal, so
wurde die Vorladung noch zweimal wiederholt. Blieb er auch das dritte
Mal aus, so erfolgte die Verurteilung und einige von den Freischöppen
erhielten den Auftrag, den Spruch der Richter an ihm zu vollziehen.
Von nun an wurde er von unsichtbaren Händen verfolgt bis an seinen
Tod. Traf ihn einer von den Schöppen an einem einsamen Orte, so
stieß er ihm ohne Umstände ein Messer in die Brust, oder knüpfte ihn,
von einigen seiner Gesellen unterstützt, an den nächsten Baum auf. Das
blutige Mordgewehr aber wurde neben den Leichnam des Getödteten ge-
legt oder in die Erde gesteckt, zum Zeichen, daß er nicht unter den