1837 -
Oldenburg
: Schulze
- Autor: Fortmann, Heinrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
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Zweiter Zeitraum.
Darauf wechselten Grauelscenen in der königlichen Familie.
Die drei Brüder vertrugen sich nicht, und der Einzelne hielt cs
bald mit dem einen, bald mit dem andern. Chlodomer's Söhne
wurden von den Oheimen, Childebert und Chlotar, eigenhändig
erstochen und auch Theuderich starb nicht ohne Verbrechen
(I. 534). Theudebert, sein Sohn, folgte ihm. In Italien
wüthete aber der grausige Krieg schrecklich und verheerend und
Theudebert mochte schon nicht ohne Mißtrauen nach diesem
Lande Hinblicken, als er von den Gothen und Griechen zugleich
um Hülfe angegangen wurde. Er aber drohete, feindlich nach
Italien zu kommen, und die Gothen mußten zur Abwendung
der Gefahr das ganze allemannischc Rhatien den Franken zum
Opfer bringen. Seitdem hatten sie Hülfe von burgundischen
Scharen. Aber nicht lange, da ließen sich die Franken von
Justinian, dem griechischen Kaiser, verlocken, daß- sie gegen die
Gothen auszogen. Theudebert war an ihrer Spitze, und wir
haben gesehen, wie seine Scharen jämmerlich zu Grunde gin-
gen, weil er treulos gegen die Griechen sowohl, als gegen die
Gothen sein Schwert wendete. Er selbst kam wohlbehalten in
die Heimat zurück und arbeitete fortan mit gutem Erfolge an
der Erweiterung seines Gebietes, vorzüglich auf Kosten der
italienischen Machthaber, und starb darauf in der Blüte seiner
Jahre (I 547). Jener zweite Zug von Franken und Alleman-
nen, die nach Totila's Besiegung in Italien anlangten, geschah
unter seines Sohnes, Theudebald's, Regierung, aber nicht auf
dessen Veranlassung; denn allemannische Herzoge, Butelin
und Leutharis, waren die nicht glücklichen Unternehmer.
In demselben-Jahre (I. 554) starb Theudebald ohne Er-
den, und auch Childebert, der Bruder feines Großvaters, folgte
ihm bald in das Grab. Da dieser nun gleichfalls keine Erben hin-
terließ, so brachte der Zufall das ganze fränkische Reich wieder un-
getheilt an Chlotar, den jüngsten von Chlodwigs Söhnen (I. 558).
Das ganze Gebiet erstreckte sich gegenwärtig von dem Harz-
gcbirgc und von der Lippe bis an die Alpen, dann von den
böhmischen Wäldern und weiter hinauf von der Ems über
den Rhein bis an die Pyrenäen und die Meeresküste. Mächtig
entwickelte sich stets mehr ein geregeltes Staatsleben, eigen-
thümlich in seiner Art, aber nicht mehr in dem Sklavcnsinue
der römischen Vorzeit. Leider gingen Jahrhunderte lang aus
dem Wachsthume des großen Gebäudes blutige Früchte hervor;
allein von einer andern Seite erwuchs auch großes Heil für
die verbrüderten Völker, und selbst jammervolle Erfahrun-
gen gewährten, wenn auch spät, den Vortheil, ihre Quellen
zu verstopfen.
Ganz anders waren die Verhältnisse einstweilen noch im
südöstlichen Lande, wo das wilde Treiben fortbestand, theils