1837 -
Oldenburg
: Schulze
- Autor: Fortmann, Heinrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
Achter Zeitraum.
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war, evangelische und katholische Genossen je nach den politi-
schen Stellungen zusammenhiclten und jeder anderen Rücksicht
vergaßen.
Teutschland hatte nunmehr, da das Blutvergießen und
Verwüsten ein Ende genommen, freier athmen und des Lebens
wieder froh werden mögen; allein die Fürsten dachten an des
Volkes Wohl nur wenig, desto mehr an die Befriedigung ihrer
eignen Lebensgenüsse, wozu neben den kostspieligen persönlichen
Bedürfnissen am Hofe auch die Behauptung und Vergrößerung
des Ranges und der Macht im Inneren wie nach Außen ge-
hörte. Darauf verwendeten sie meistens ihr Sinnen und Trach-
ten, und mit dem öffentlichen Wohlstände, wie mit Allem, wo-
durch er gefördert wurde, mußte es von selbst gehen. Er war
aber nur für mühsame Anstrengung mehr möglich, und selbst
die wurde vielfach verkümmert; auch lohnte sie sich, da die
Seemächte den Handel geraubt hatten, kaum noch zur Hälfte.
So verschwand der Gemeinsinn aus dem teutschen Vater-
lande, und jeglicher Herrscher mochte nur berücksichtigen, was
ihn zunächst berührte. Daher gab man sich dann fernerhin
kaum noch die Mühe, auf das linke Rheinufer zu blicken, wo
Ludwig 14. sein Unwesen fortzutreiben kein Bedenken trug.
Ihm genügte, wo etwas zu erbeuten war, nur einen Schein
von Recht und Ehre zu haben, und dabei durchschaute die
Schwäche des Kaisers wie des Reiches Niemand besser, als er.
So durfte er cs wagen, nicht bloß feine Truppen nicht zurück-
zuziehen, wie ihn der Nimweger Friede verpflichtete, sondern
auch fortwährend im fremden Gebiete Zwangsgelder zu erheben.
Das Schlimmste aber war noch, wie er Alles hervorsuchte, die
Reichsritterschaft, die Reichsstädte und andere unmittelbare
Stände im Elsaß unter seine Gewalt zu bringen und damit
ungescheut gegen die Bestimmung des westfalischen Friedens zu
handeln. Auf den Vorschlag eines Parlamentsraths von Metz
— Roland Revaulx — ließ er zu Metz, Dornick, Breisach und
Besaron besondere Gerichtshöfe oder so genannte Neunions-
kammern errichten (I. 1680), welche untersuchen sollten, was
zu irgend einer Zeit mit dem im westfälischen Frieden an Frank-
reich abgetretenen Länderstückcn verbunden gewesen oder zu dem»
selben, wie und wann auch immer, gehört hätte. Nicht bloß
Städte, sondern ganze Herrschaften, als Zweybrücken, Saar-
brücken, Veldenz, Sponheim, Mömpelgard, Lauterburg, Ger-
mersheim, Falkenburg, Homburg, Bitsch u. s. w. wurden auf
diese unverschämte Weise eingezogen. Kaiser und Reich übersa-
hen den Unfug nicht; aber so sehr die beraubten Stände auch
klagten und öffentlich Beschwerde führten, so begnügte man sich
doch vor làuter Respekt gegen den König mit gütlichen Vorstel-
lungen und mühele sich ab, die Rechtsgründe der Reunionskam-