1837 -
Oldenburg
: Schulze
- Autor: Fortmann, Heinrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
Karl 6. Friede zu Rastadt. Baden. 435
April); ein Ereigniß, wodurch die Lage der Dinge in den Au-
gen der europäischen Mächte so ziemlich ganz umgestaltet wurde;
denn nun wurde Erzherzog Karl, weil des kinderlosen Joseph
1. Bruder, Erbe der östreichischen Staaten und erhielt gleich
nachher auch die Kaiserkrone. Was Leopold 1. damals hatte
vermeiden wollen, trat jetzt ein, dieses nämlich, daß Spanien
mit Oestreich, ja mit dem Kaiserreiche vereinigt und damit das
europäische Gleichgewicht zu sehr gefröret schien. Daher neigten
sich die Seemächte, England und die Generalstaatcn namentlich,
von Neuem zu dem früheren Theilungsplane hin. Spanien
sollte dem Könige Philipp verbleiben^ die Niederlande aber nebst
den italienischen Landschaften an Karl 6. übergehen. Von dem
eigentlichen Rechte zur Erbfolge war also vor den Rücksichten
der allgemeinen Politik keine Rede mehr. Desfallsi'ge Unter-
handlungen wurden mit Ludwig 14. zu Utrecht von Seiten
Englands eröffnet, und der König ging nunmehr auf denvor-
schlag sehr willig ein. Einige Schwierigkeiten machte der Um-
stand, daß jetzt in Folge eingetretener Sterbefälle Philipp auch
Erbe des französischen Thrones werden und hier demnach ebenso,
wie mit Destreich, ein schlimmes Uebcrgewicht eint reten könne.
Jndeß verständigte man sich darüber und schloß zu Utrecht ei-
nen Frieden nach Maßgabe des eben angcdeuteten Thcilungs-
planes (I. 1713). England, die Niederlande, Savoyen, Por-
tugal und auch Preußen nahmen Theil daran. Kaiser und
Reich aber waren über dieses Ergebniß äußerst entrüstet; denn
während der Inhalt des Traktats ohnehin nicht befriedigte,
nahm Ludwig den von ihren Verbündeten nunmehr getrennten
Teutschen gegenüber seinen alten Stolz wieder an und machte
Forderungen, die Karl 6. um seiner und des Reiches Ehre wil-
len nicht annehmen zu können meinte.
Also wurde wieder gerüstet; Eugen betrat noch einmal den
Kampfplatz; aber das Reich unterstützte ihn nur schlecht; die
Franzosen gewannen neue Vortheile am Rheine, und Teutsch-
land war mit noch schlimmeren Geschicken bedroht. Solche Aus-
sichten veranlaßten den Kaiser daher zu neuen Unterhandlungen,
welche den Rastadter Frieden zur Folge hatten (1.1714 Marz).
Demzufolge blieb es in Betreff des spanischen Erbes bei der
Utrcchter Bestimmung, daß der Kaiser die spanischen Nieder-
lande nebst Mailand, Neapel, Sardinien und die toskanischen
Küstenplätze, Philipp dagegen das Königreich und den übrigen
Zubehör behalten solle. Außerdem wurden zwischen Teutschland
und Frankreich die Friedensschlüsse von Münster, Nimwegen
und Ryswik erneuert; Ludwig 14. gab auch die sämmtlichen
Eroberungen am rechten Rheinufer außer Landau zurück. So-
weit hatte der Kaiser gehandelt. Das Reich bestätigte diesen
Traktat sieben Monate später zu Baken in der Schweiz.
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