1869 -
Erfurt
: Körner
- Autor: Förster, Eduard
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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ften Kurfürsten zum König oder Kaiser gewählt worden, so-
fort und vermöge der Wahl allein für den wahren König und
römischen Kaiser zu halten und so zu nennen sei und alle Glie-
der und Unterthanen des Reiches ihm gehorchen müssen."
Mit diesem Beschlüsse war des Kaisers Ansehen dem Papste gegenüber
befestigt; aber der habsüchtige Ludwig, welcher vor allen Dingen nach Ver-
größerung seiner Hausmacht strebte, brachte sich bald in neue Verlegenheiten.
Der älteste Sohn des Königs Johann von Böhmen war mit der reichen
Erbin Margarethe von Tyrol (nach ihrem Schlosse mit dem Beinamen
„Maultasche" benannt) vermählt, lebte aber mit derselben in unglücklicher
Ehe. Ludwig trennte aus eigener Machtvollkommenheit diese Ehe und ver-
mählte die Geschiedene seinem Sohne Ludwig von Brandenburg, um ihr Erb-
land Tyrol an sein Haus zu bringen. Das war ein gewaltsamer Eingriff in
die päpstlichen Rechte. Der Papst erneuerte den Bann über den Kaiser und
wußte es dahin zu bringen, daß die luxemburgische Partei in Verbindung mit
den geistlichen Kurfürsten Ludwig des Thrones entsetzte und einen Gegenkaiser
aus dem luxemburgisch-böhmischen Hause in der Person Karl's, eines
Sohnes des böhmischen Königs Johann, erwählte (1346). Als bei der Wahl
Karl's das alte Reichsbanner in den Rhein fiel und nicht mehr aufgefunden
werden konnte, da sahen Viele in dem Vorfälle ein schlimmes Zeichen. Karl
fand wenig Anhang, da die Mehrzahl des deutschen Volkes, besonders die
Reichsstädte, zu Ludwig hielt. Doch schon im folgenden Jahre starb Ludwig
auf einer Bärenjagd bei Fürstenfeld, unweit München. („Ludwig von
Bayern", Drama von Lud w. Uhl and.)
§30. Karl Iv. (1346—1378.)
1. Schwerer Anfang. Rach Ludwig's Tode stellte zwar die bayerische
Partei Karl dem Iv. in Günther von Schwarzburg einen Gegenkönig
auf, aber derselbe starb bald. Jetzt fand Karl allgemeine Anerkennung. Der
Anfang seiner Regierung war eine Zeit schwerer Heimsuchungen. Schon im
Jahre 1338 kamen furchtbare Heuschreckenschwärme, welche drei Jahre
nach einander sich wiederholten und durch die angerichteten Verheerungen eine
Hungersnoth im Gefolge hatten, in welcher Tausende umkamen. Zehn Jahre
später trat ein Erdbeben ein, das ganze Städte verschüttete und die Be-
wohner begrub. Zuletzt erschien eine entsetzliche Seuche, der schwarze Tod
genannt, von welcher fast der dritte Theil der Bevölkerung Deutschlands hin-
gerafft worden sein soll. Da Viele die Ursachen dieser Krankheit in tückischen
Anschlägen der Juden suchten, so brach eine fürchterliche Judenverfolgung
herein. In der Stadt Mainz sollen allein 12,000 solcher Unglücklichen ver-
brannt worden sein. Unter so vielem Jammer und Elend, unter so viel
Greuel und Schandthat dachten die Menschen endlich an Reue und Buße;
freilich glaubten Manche, daß man durch äußerliche Kasteiungen die Gerichte
Gottes abwenden könne. Das thaten die sogenannten Geißelbrüder
(Flagellanten), deren Treiben der Staat mit Acht und die Kirche mit Bann
entgegentrat.
2. Karl's Iv. Thätigkeit für das Reich und seine Erblande. Um
den Papst auf seine Seite zu ziehen, unternahm Karl einen Zug nach Rom