1869 -
Erfurt
: Körner
- Autor: Förster, Eduard
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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In den warmen Nachmittagsstunden ließ er sich oft in's Freie hinaus
auf die Terrasse tragen. Aus seinem Lehnstuhle sitzend, blickte er gern in die
Sonne. „Sie ist meine liebste Freundin," sagte er einst, „bald werde ich ihr
näher kommen." Die Krankheit verschlimmerte sich von Tag zu Tag, so daß
selbst die Aerzte die Stunde des Todes für nicht fern hielten. Am 15. August
war der König äußerst matt. Seine Räthe wurden nicht zum Vortrage ge-
rufen. Es war ihm nicht mehr möglich, sein Haupt aus der Ecke des Stuhles
aufzuheben, das Auge zu öffnen und den Mund zum Sprechen zu bewegen.
Alle Anstrengung war vergebens. Der Tag verging; es schlug 11 Uhr Abends.
Friedrich fragte, wie spät es sei, und auf die empfangene Antwort sagte er:
„Um vier Uhr will ich aufstehen." Er stand nicht mehr auf.
Am 17. August 1786, bald nach Mitternacht, verschied der König sanft.
Ein Arzt und zwei Kammerdiener standen an seinem Lager. Es läßt sich
nicht sagen, wie erschütternd die Nachricht von dem Tode des großen Königs
auf das ganze preußische Volk wirkte. Auch über die Grenzen Preußens hin-
aus reichte der Schmerz über das eingetretene traurige Ereigniß. Ein schwä-
bisches Bäuerlein rief bei der Kunde von Friedrich's Tode aus: „Ach, wer
soll nun die Welt regieren! "
Am 18. August ward die theure Leiche in der Garnisonkirche zu Pots-
dam beigesetzt, ltnb am 9. September fand im ganzen Lande eine Todtenfeier
statt, zu deren Predigt man das treffende Wort gewählt hatte: „Ich habe
Dir einen Namen gemacht, wie die Großen auf Erden haben!"
Die Erinnerung an Friedrich „den Großen", den „Einzigen" lebt fort
im Volke. In Berlin ist dem Könige ein herrliches Denkmal errichtet worden,
das die Inschrift trägt:
Friedrich dem Grossen
Friedrich Wilhelm Iii.
1840.
Vollendet unter Friedrich Wilhelm Iv.
1851.
8. Friedrich's Nachfolger. Dem großen Könige folgte in der Regie-
rung sein Neffe Friedrich Wilhelm Ii. (1786—1797). Unter dem Re-
giment dieses Fürsten geschah nichts Großes im preußischen Vaterlande; aber
Preußens Grenzen erfuhren eine Erweiterung im Osten durch die zweite
und dritte Theilung Polens, deren wir hier noch kurz gedenken wollen.
Das in endlose Verwirrungen gerathene Volk der Polen führte immer
sicherer den Untergang feines Reiches herbei. Ein Theil des Adels hatte 1791
eine bessere Verfassung des Staates versucht; aber sie wurde von der Kaiserin
Katharina Ii. von Rußland, welche einen großen Theil der polnischen
Magnaten dagegen zu stimmen gewußt hatte, verworfen. Als nun ein russi-
sches Heer in Polen einrückte, erhob sich die „patriotische" Partei unter dem
tapfern Koscinszko. Ein furchtbarer Aufstand brach los; doch bald war
Posen ganz in den Händen der Russen. Die Kaiserin Katharina bot dem
Könige von Preußen eine zweite Theilung Polens an, welche auch