1869 -
Erfurt
: Körner
- Autor: Förster, Eduard
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
bringen zu lassen. Ebenso wurde die gemeinsame Besitznahme der Herzog-
thümer durch Preußen und Oesterreich sür bundeswidrig angesehen und das
Unternehmen des Herzogs von Augustenburg, der Schleswig und Holstein als
sein Erbe an sich zu nehmen trachtete, vielfach unterstützt. Die Angelegenheit
wurde immer verwickelter, als auch Oesterreich aus Besorgniß vor der Macht-
erweiterung Preußens sich auf die Seite des Augustenburgers zu neigen an-
fing. Da die gemeinsame Verwaltung der Herzogthümer zu manchen Zwi-
stigkeiten führte, so bot Preußen eine bedeutende Summe, wenn Oesterreich,
auf das Recht des Mitbesitzes verzichten wollte. Oesterreich ging aber darauf
nicht ein, und es lag die Befürchtung nahe, daß der Streit der beiden Groß-
staaten zu einem ernsten Conflicte führen werde. In dem Vertrage zu
Gasteinh (14. August 1865) kam eine Einigung zu Stande und zwar
dahin, daß die gemeinsame Verwaltung von Schleswig und Holstein in
eine getrennte umgewandelt wurde. Schleswig erhielt preußische, Hol-
stein österreichische Verwaltung. Lauenburg ging gegen eine Geldent-
schädigung von 21/2 Millionen Thalern an Oesterreich in den alleinigen Besitz
Preußens über. Die gegenseitigen Rechte auf Schleswig und Holstein sollten
durch diesen Vertrag nicht geschmälert werden. Aus dem Kieler Hasen wollte
man einen Bundeshafen machen und die Gründung einer deutschen Bundes-
flotte beim Bundestage beantragen; so lange das noch nicht in's Werk gesetzt
sei, sollte Preußen den Hafen in Kiel besetzen. Der Vertrag hob den Zwie-
spalt zwischen Preußen und Oesterreich nicht auf, sondern erweiterte ihn. Die
österreichische Verwaltung in Holstein ließ den Bestrebungen der augusten-
burgischen Partei gegen Preußen freien Lauf. Preußens Einsprüche wurden
nicht gehört. Da bemerkte man, daß Oesterreich gewaltig rüstete, angeblich
zwar, um in Böhmen Ruhe zu schaffeu, wo bedenkliche Judenhetzen ausge-
brochen waren, in Wirklichkeit aber, um gegen Preußen den Krieg zu be-
ginnen. Nun war auch Preußen auf seinen Schutz bedacht; es armirte seine
Festungen und suchte und fand in Italien einen Verbündeten für den Fall
des Krieges.
Im März 1866 trat der energische und kühne preußische Ministerpräsi-
dent Graf von Bismarck mit einem Anträge auf Aenderung der bisheri-
gen, ungenügenden Bundes-Verfassung hervor, und schon im April forderte
Preußen die Einberufung eines deutschen Parlamentes. Unterdessen rüstete
Oesterreich unaufhörlich weiter und gewann im Stillen Sachsen, Württem-
berg, Hessen-Darmstadt und Nassau auf seine Seite. Da erließ auch König
Wilhelm den Befehl, einen Theil seines Heeres mobil zu machen. Eine Frie-
densconferenz, welche von Napoleon zur Schlichtung der Streitigkeiten vor-
geschlagen und von Preußen und Italien angenommen wurde, beschickte
Oesterreich nicht. Da erkannte Jedermann die Unvermeidlichkeit des Krieges.
Am 1. Juni 1866 stellte Oesterreich die Entscheidung der schleswig-
holstein'schen Frage dem Bundestage anheim und zeigte zugleich an, daß es
seinen Statthalter in Holstein angewiesen habe, zum 11. Juui die dortige
Ständeversammlung einzuberufen. Preußen sah Beides als einen Bruch des
Gasteiner Vertrages an und ließ dem General von Man teuf fel am
8. Juni von Schleswig aus in Holstein einrücken. Der österreichische Feld-
i) Gastein, im Herzogthum Salzburg.