1865 -
Berlin
: Hertz
- Autor: Hahn, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 15
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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geschickt, wo er, nach kurzem, durch die Pest gestörten Aufenthalt
auf der Universität Leyden, besonders in Arnheim und im Haag
lebte und den Umgang des berühmten Friedrich Heinrich von
Oranien genoß. Dieser Aufenthalt in Holland war für den reg-
samen jungen Prinzen in jeder Beziehung eine Quelle nützlicher Be-
obachtungen und Erfahrungen; kein Land Europa's gab damals ein
so schönes und anregendes Bild menschlichen Fleißes und lebendiger
Betriebsamkeit, als Holland. Friedrich Wilhelm lernte dort die Er-
folge kennen und bewundern, welche ein kleines Volk durch unermüd-
liche Thätigkeit unter der Leitung tüchtiger Staatsmänner erreicht
hatte, und es erstarkte in ihm der Wille, auch in seinem Volke die
Keime solchen ruhmvollen Gedeihens zu pflegen. Auch sein Charak-
ter und seine Willenskraft wurden in dem edeln Kampfe gegen ju-
gendliche Leidenschaft gestählt: er lernte sich selbst beherrschen. Den
Verführungen im üppigen Haag entfloh er, weil er oies „seinen
Aeltern, seiner Ehre und seinem Lande schuldig" sei. Der große
Oranier belobte ihn darüber mit den Worten: „Vetter, ihr habt
das gethan, ihr werdet mehr thun. Wer sich selbst besiegen kann,
der ist zu großen Unternehmungen fähig."
Friedrich Wilhelm hätte seinen Aufenthalt in der Fremde gern
länger ausgedehnt, aber Schwarzenberg bewirkte seine frühere Rück-
kehr, wodurch des Prinzen Abneigung gegen denselben verstärkt wurde.
Friedrich Wilhelms erste Regierungsschritte. Ende
20. Nov. Schwarzenberq's. Am 20. November 1640 bestieg Friedrich
1640 Wilhelm den kurfürstlichen Thron. Er brachte auf denselben seltene
Gaben und Eigenschaften mit: einen gebildeten, in früher Erfah-
rung gereiften Geist, kühnen Heldenmuth, einen festen, kräftigen
Willen, eine scharfe Beobachtung und Menschenkenntniß und die
Kunst, aus allen Umständen den möglichsten Vortheil zu ziehen.
Aber die Fülle solcher Gaben war auch erforderlich, um ihn nicht
im Hinblick auf die Größe seiner Aufgabe von vorn herein muthlos
werden zu lasien.
Friedrich Wilhelm wollte vor Allem Herr in seinem eigenen
Lande werden und sich zu dem Zweck eine eigene, nur ihm gehor-
chende Heeresmacht bilden. Die Truppen in den brandenburgischen
Festungen waren bisher durch ihren Eid dem Kaiser und nur neben-
bei durch Handschlag dem Kurfürsten verpflichtet. Das mußte auf-
hören; Friedrich Wilhelm gebot, alle Truppen für ihn allein in
Eid zu nehmen, und entließ die widerstrebenden Befehlshaber. Graf