1856 -
Moers
: Rhein. Schulbuchh.
- Autor: Kappe, Ernst
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 7
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
122 8 74. Die sranz. Revolution von 1848 re.
Regiment konnte und sollte dabei nicht bestehen: Republik war die
ersehnte Staatsform, und man hoffte allmälig zu diesem Ziele zu gelangen,
wenn den unteren Classen der Bevölkerung gleiche politische Rechte, be-
sonders bei den Abgeordnetenwahlen, zugestanden würden. Vergebens hatte
man schon früher eine Reform des Wahlgesetzes und entsprechende Verfas-
sungsveränderungen verlangt. Louis Philipps Regierung leistete beharrlichen
Widerstand, aber zu Ende des Jahres 1847 und zu Anfang 1848 wurde
daö Drängen nach solcher Wahlreform immer heftiger und in großen
Volksversammlungen, sogenannten Reformbanketten, wirkte man dafür.
Die Regierung suchte diese Versammlungen zu verhindern, und wagte es
endlich, auf Grund eines alten Gesetzes von 1790, eine solche große Volks-
versammlung, die am 22. Februar 1848 stattfinden sollte, ganz zu verbieten.
Sie unterblieb, aber das Volk ward dadurch nur desto aufgebrachter: es em-
pörte sich in Paris, Barrikaden wurden gebaut, und am 22. und
23. Februar kämpften Volk und Militär heftig in den Straßen der Hauptstadt
Frankreichs. Besonders richtete sich die Wuth gegen den Premierminister des
Königs, Guizot. Man erlangte endlich voin Könige das Versprechen, diesen
zu entlassen und das Wahlgesetz zu Gunsten der ärmeren Volks klaffen zu
verändern. Jubelnd zog nun das Volk durch die Straßen von Paris, aber
durch einen Schuß vor dem Hotel Guizot's entbrannte der Kampf aufs Neue,
und zwar viel heftiger, als vorher. Am Morgen des 24. Februar war ganz
Paris verbarrikadirt, und die Nationalgarde wollte das Volk nicht angreifen.
Nun versuchte der König durch die Ernennung eines ganz aus der Wider-
standspartei genommenen Ministeriums das Volk zu beschwichtigen, aber es
war zu ffpät: das Volk beruhigte sich nicht, bis Ludwig Philipp zu Gun-
sten seines Enkels, des Grafen von Paris, ab dankte und mit Lebensgefahr
nach England floh, wo er im August 1850 starb. Umsonst versuchte die
Herzogin von Orleans es, ihren Sohn, den Grafen von Paris, zur Aner-
kennung zu bringen in der National - Versammlung; dieselbe proklamirte die
Republik und ernannte eine provisorische Regierung, deren Seele
der Schriftsteller und Staatsmann Lamartine war. Ganz Frankreich beugte
sich willig vor dem in Paris Geschehenen. Auch zwei Arbeiter waren Mit-
glieder der Regierung und diese versuchten nun im Sinne der socialistischen
Ansichten den Arbeiterstand zu beglücken durch Nationalwerkstätten, die aber
die Arbeiter bloß faul machten und den Staat sehr viel Geld kosteten,
indem die Arbeitslosen außerdem noch Unterstützung aus der Staatskaffe
erhielten. So sah sich die im Mai ans ganz freien Volkswahlen zusammen-
getretene National-Versammlung genöthigt, die Nationalwerkstätten zu schlie-
ßen und den immer drohender werdenden Forderungen der Arbeiter (des
Proletariats) entgegen zu treten. Dadurch entstand im Juni ein nur noch
viel schrecklicherer Straß en kämpf, der vier Tage dauerte. Man trachtete
die Revolution ganz zu Gunsten dcs Socialismns und der blutig rotheu
Republik auszubeuten. Der General Cavaignac ward in der Noth des
Augenblicks von der National-Versammlung zum Diktator, d h. zum allei-
nigen Befehlshaber in kriegerischen und bürgerlichen Angelegenheiten ernannte
er dämpfte endlich den Aufstand und bestrafte die rothen Republikaner streng
und energisch. Cavaignac erwählte sich nun, da die provisorische Regierung
zurückgetreten war. ein Ministerium und regierte mit demselben verständig
und besonnen, während die National-Versammlung eine Verfassung für die
Republik Frankreich zu Stande brachte, welcher gemäß am 10. Dezember
1848 vom Volk ein Präsident auf vier Jahre gewählt wurde. Die Wahl
traf mit etwa 6 Millionen Stimmen den Prinzen Louis Napoleon, einen