Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Lehrbuch der Weltgeschichte - S. 289

1852 - Leipzig : Wigand
Culturzustände. 289 lichen Haders herabgesunken war, fand in den reinen, naturwüchsigen, schon den heidnischen Priestern ehrerbietig folgsamen Germanen einen äußerst günstigen Boden, in welchem das Göttliche tiefe Wurzeln fasste, herrliche Blüthen entfaltete, aber auch schädliches Unkraut, namentlich die Herrschaft der Hierarchie, hervorbrachte und die Entstehung eines Papstthums, das an Folgen, guten und schlimmen, so reich war, wesentlich begünstigte. Bevor das Christenthum die Herrschaft der Welt übernahm, bilde- ten die einzelnen Christengemeinden demokratische Gesellschaften mit brüderlicher Gleichheit. Die Presbyter! oder Aeltesten, welche die Leitung der Geschäfte und die Aufsicht über Sittlichkeit und Ordnung über sich hatten, wurden von der ganzen Gemeinde gewählt, dess- gleichen die Diakonen, denen die Krankenpflege, das Armenwesen und die Verwaltung des Gemeindegutes oblag. Ueber den Presbytern standen die ebenfalls gewählten Episkopoi (Bischöfe), welche über die Reinheit der Lehre wachten, aber auch bald die Handhabung der Kirchenzucht oder der geistlichen Gerichtsbarkeit an sich rissen. Eigent- liche Priester gab es anfangs nicht; bei den Gottesdiensten (Gesang, Gebet, Vorlesen aus der heil. Schrift, religiöse Vorträge, Liebesmahle oder Agapen) waren Alle thätig. Gleiches fand statt, wenn Unwürdige aus der Gemeinde ausgeschlossen (ercommunicirt) wurden. Reue und Kirchenbuße gaben das Recht des Wiedereintritts. Als aber das Chri- stenthum sich immer mehr verbreitete und zur Herrschaft gelangte, konnte diese brüderliche Gleichheit nicht fortbestehen und schon am Ende des dritten Jahrhunderts verloren die Gemeinden ihr Wahlrecht. Die Ge- sammtheit der Beamten bildete sich als ein eigener Stand, Klerus, dem Volke (Laien) gegenüber, aus, welcher die anfänglich freiwilligen Gaben, z.b. Zehnten, bald als pflichtmäßige Abgaben ansprach. Die Priester- weihe entrückte dem Volke den Klerus immer mehr, und der Pomp, mit welchem sich der nach und nach sich bildende höhere Klerus umgab, verwischte auch die leiseste Ahnung einer ehemaligen Gleichstellung der Beamten mit dem Volke. Natürlich wurde auch der Gottesdienst cere- moniöser, feierlicher und das Volk sank bei dem Anblicke eines Patriar- chen, Metropoliten oder Erzbischofs ehrfurchtsvoll auf die Kniee, An die Stelle der in ihrer Einfachheit himmelan leitenden Christuslehre trat eine spitzfindige, kalte, niederdrückende Schuliheologie. „Die Ma- jestät Gottes ward durch eine Wolke von Engeln und Heiligen umdun- kelt, die Verehrung der heiligen Jungfrau unter dein Pöbel und den Mönchen fast zur Vergötterung erhöht; verirauensvoller, als an Gott, an Märtyrer und andere Heilige, mitunter selbst an noch Lebende, das Gebet gerichtet, und ein zauberähnlicher Verkehr zwischen den Erdbe- wohnern und den himmlischen Mächten in tausend und tausend Wun- dergeschichten dargestellt." Hieraus entwickelte sich ein den reinen, geistigen Lehrbegriff verunstaltender, gemeiner Anthropomorphismus, Winderlich, Weltgeschichte. io
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer