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1. Lehrbuch der Weltgeschichte - S. 291

1852 - Leipzig : Wigand
Culturzustände. 291 sinnbildlichen Darstellung und zügellosen Phantasie überein. Den Kirchenglauben des Volkes griffen sie nicht an, weil sie ihn als noth- wendig für dasselbe ansahen, behielten aber ihre besonderen Lehren den Eingeweihten vor. Im Gegensätze dazu glaubten aber die katholischen Kirchenlehrer das Wesen des Christenthums eben darein setzen zu müssen, dass es allgemeine Volksreligion fein müsse und dass sich die Einheit der göttlichen Offenbarung im Christenthume, wie im Judenthume, ja selbst in der ganzen Weltgeschichte Nachweisen lasse. Die wesentlichste Lehre der Gnostiker war die Emanationslehre, welche mit einem Dua- lismus wunderbar verknüpft war, und den Angelpunkt ihrer Specula- tion bildete die Frage nach dem Ursprung des Bösen. Aus der Fülle der Gottheit (rtx^Qoj/ua) strömten, wie Strahlen aus einem Lichtmeere, oder wie die Zahlenentwickelung aus der Ureinheit, mächtige Geister (Kräfte oder Attribute der Gottheit, aiwveg) aus, welche in absteigen- der Linie den allmählichen Uebergang zum Kampfe und zur Vermischung mit der, nach der dualistischen Ansicht dem vollkommenen Gotte gegen- übergcstellten, tobten und bösartigen Materie vermittelten. Aus dieser Materie, denn die Gnostiker hielten an dein Grundsätze fest: „ausnichts wird Nichts", schuf einer der Aeonen (Demiurgos) die sichtbare Welt, und als solcher erschien ihnen der Judengott Jehovah, während Christus ihnen als einer der höchsten Aeonen galt, welchem Viele die Würde des platonischen Logos beilegten, und „der zur Aufnahme der Welt in die göttliche Lebensfülle und zur Lösung des großen Weltzwiespaltes aus Erden erschienen sei". „Von den dreierlei Kräften, die in der Welt wirkten, seien die geistigen göttlicher Natur, die materiellen ungöttlicher und die vermittelnden psychischen gehören dem Demiurg an." Das Leben der Gnostiker war meist streng und ihnen galt Entsagung und körperliche Abtödtung als ein Mittel, die Materie zu unterjochen und dem Geiste die Freiheit zu erringen. Doch geriethen andere auch auf entgegengesetzte Abwege, z. B. die Nikolaiten, welche Güter- und selbst Weibergemeinschaft forderten. Der Gnostizismus konnte sich trotz seiner großartigen Entfaltung und des geistigen Anhangs, den er gewann, bei der ungezügelten Willkür feiner Gestaltungen, dem einheitlichen Widerspruche der Kirche gegenüber auf die Dauer nicht halten. Im dritten Jahrhundert ohne schöpferische Kraft, im vierten der Ohnmacht verfallen, verschwindet er im sechsten fast ganz. Wenn die durch den- selben bewirkten Bewegungen weniger heftig waren, als spätere Ketze- reien hervorriefen, so lag dies zum Theil in der Einfalt der Christen- gemeinde, welche dialektische Kämpfe vermied, zum Theil in der Schwäche derselben, welche die größte Wachsamkeit gegen den äußern Feind er- heischte. Den Gnostikern zugehörige oder doch verwandte Sekten waren: die Marcioniten, gehasst und verfolgt, aber streng in Sitten und als Kirche geordnet; die M ontan ist en , von Montanus (geb. loo) gestiftet, der sich als der von Christus verheißene Paraklet (Tröster) 19*
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