1852 -
Leipzig
: Wigand
- Autor: Winderlich, Carl
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Erster Zeitraum. 111. Abschnitts
erkannt, und ohne diese eigentliche Leibwache des Papstes wären alle
übrigen Mittel vielleicht nichtig gewesen. Die Jesuiten vornehmlich
waren es, welche den ungemessensten Ketzerhass provocirten. Es ent-
stand ein Kampf aus Leben und Tod gegen die protestantischen Grund-
sätze, dafür sprechen die Preisung der Ermordung Heinrich's 1u. von
Frankreich durch Sirius V., der Jubel Gregor's Xiii. bei der Nachricht
von der Pariser Bluthochzeit, die Erzündung des 30 jährigen Krieges
durch die Umtriebe der Jesuiten, die Sucht Proselyten im Einzelnen zu
machen, da die Massen zu hartnäckig waren. Solche Mittel stützten das
Papstthum mächtig, ohne dass es jedoch das ideale Papstthum der
Gregore und Jnnocenze wiederherzustcllen strebte. Seitdem nämlich
Karl V. den Papst in Rom, in der Engelsburg belagerte, kannte man
den Talisman, um die hierarchischen Anmaaßungen zu beschwören,
wusste man, wie man den geistlichen Oberhirten durch weltlichen
Kirchenstaatsregenten züchtigen konnte, und immer deutlicher erkannte
man die Ohnmacht der päpstlichen Bannflüche. Trotz dem war der
Papst noch immer eine respectable Macht, sowohl in kirchlicher als
politischer Beziehung. Hätte Roin mehrere Päpste, wie Sirtus V.
(1585 — 1590) gehabt, so hätte der Stuhl Petri, wenn auch nicht
über, so doch an der Seite der mächtigsten Throne ehrenvoll stehen mögen.
§. 2. Staats- und Volksleben. Der deutsche Reichsver-
band erschlaffte und das kaiserliche Ansehen sank in dieser Periode immer
mehr, während das Ansehen und die Macht der Reichsfürsten in stetigem
Wachsen blieb, dass selbst der mächtige Karl V., vor dem Europa
zitterte, nicht im Stande war, die Fürsten zu einem gemeinsamen Be-
schlüsse in irgend einer allgemeinen Angelegenheit zu bewegen, oder auch
nur sich an den ausgeschriebenen Reichstagen persönlich zu betheiligen.
Es war Gefahr vorhanden, dass sich Deutschland ganz zersplittern und
dann eine leichte Beute der Nachbarn werden konnte. Da fand sich ein
Band, welches, wenn es auch Deutschland in zwei Hälften theilte, doch
die Fürsten jeder Hälfte inniger mit einander verknüpfte, das Band der
Religion und des kirchlichen Interesses. Um den Kaffer sammelte sich
der katholische und um Sachsen, später um Preußen, der protestantische
Theil der Fürsten, und jeder bildete eine nicht zu verachtende Macht.
Und dennoch wurde es z. B. dem Kaiser Karl so schwer, um 25000 Mann
nur ein Paar Monate zu besolden und zu erhalten, während heut zu
Tage eine Macht dritten Ranges ein größeres Heer fortwährend auf den
Beinen erhält. Der Lehendienst war damals schon gänzlich verfallen,
die Kriege aber, wenn sie nicht Nationalsache für die Interessen des Vol-
kes, sondern reine Privatfehden der Höfe waren, mussten mit theuer
geworben n Söldnern ausgefochten werden. Später vervollkominnete
man die Kunst, auch die Kriege der regierenden Häuser zur Nationalan-
gelegenheit zu stempeln, noch später hat man sich erlaubt, die Lasten der
Freiheit, mit jenen der Hörigkeit vereint, auf die Gemeinen,zu wälzen,