1852 -
Leipzig
: Wigand
- Autor: Winderlich, Carl
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Dritter Zeitraum. Ii. Abschnitt.
lang noch übliche Zählung der Stunden bis 24 in Rom ab, ein Be-
weis, dass sein Geist vor dem Großen nicht erschrack und das Geringe
nicht verachtete. Bis gegen das Jahr 1848 war er immer noch Herr
der durch ihn hervorgerufenen Bewegung in Italien, und auch, als die
Zeitlaufe dieses Jahres einen ungeahnten reißenden Fortschritt nahmen,
hoffte er noch, von ihnen nicht überflügelt zu werden. Er nahm Laien
in das Ministerium auf, Männer des Vertrauens, er ermahnte den
König von Neapel in einem eigenhändigen Schreiben zur Nachgiebig-
keit, er stellte selbst eine Verfassung in Aussicht, da ward das römische
Volk Plötzlich aufsässig, da unterdess Neapel eine Verfassung erhalten
hatte. Es verlangte nun die Ausweisung der Jesuiten, worin der Papst
nachgab, cs verlangte Kriegserklärung gegen Oesterreich, was er nicht
bewilligte, und die Folge davon war, dass sein Name aufhörte, die
Losung des Liberalismus in Italien zu sein und dass er von den Zeit-
ereignissen überflügelt, gezwungen wurde, am 20. Dccember 1848 einer
Regierungsjunta, unter dem Vorsitze Galetti's, die Regierungsgewalt
zu überlassen. Schon gegen Ende November war Pius aus Rom ent-
flohen , wodurch die republikanische Partei vollständig die Oberhand
erhielt, und protestirte von Gaöta aus, wo er ein neues Ministerium
bildete und von wo aus er einen vom Volke mit Hohn aufgenommenen
Bannstrahl auf Nom schleuderte, gegen alle Vorgänge in Nom. Die
Republik ward proclamirt (Februar 1849), eine provisorische Negierung
übernahm die oberste Leitung, die constituirende Versammlung legte
Hand an das Kirchenvermögen, um daraus kleine Pachtgüter für die
Armen zu bilden, Garibaldi, ein zurückgekehrter politischer Flücht-
ling , organisirte eine beträchtliche Volkswehr und die Ankunft des
seit 1831 in Marseille lebenden und für das „junge Italien" Propa-
ganda machenden Mazzini fachte die republikanische Flamme an. In
ganz Italien hatte nun die Revolutionspartei die Oberhand gewonnen;
der König von Neapel sähe trotz seiner Ver/assung Sicilien abfallen,
aus dem Kirchenstaate, aus Modena und Parma waren die Beherrscher
entflohen, die Lombardei war in hellem Aufruhr gegen Oesterreich, in
Sardinien stellte sich der König selbst an die Spitze der Bewegung und
nur Toskana genoss einer verhältnissmäßigen Ruhe.
Unterdessen hatte der Papst die Schutzmächte des Kirchenstaates
um Hilfe angerufen und es erschienen von Norden her die Oesterreicher,
von Süden her die Neapolitaner und von der Seescite her die Franzosen
unter Oudinot. Die Neapolitaner wurden jedoch von Garibaldi vom
römischen Gebiete vertrieben und den Franzosen gelang es erst nach
mehrmonatlichen Anstrengungen (im Juli 1849), Rom einzunehmen.
Garibaldi und Mazzini flohen, die provisorische Regierung ward aufge-
löst und an deren Stelle eine „militärische Fremdherrschaft" eingesetzt,
aber erst im April 1850 konnte der auf die Stadt zürnende Papst be-
wogen werden, seinen Sitz wieder in Rom zu nehmen.