1852 -
Leipzig
: Wigand
- Autor: Winderlich, Carl
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Specielle Geschichte.
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Die Herzoge von Meiningen und Ko bürg verhinderten durch
bereitwilliges Gewähren der Volkswünsche den Ausbruch von eigent-
lichen Ruhestörungen, wogegen es in Al ten bürg härter herging, so
dass königlich sächsische Truppen requirirt werden mussten. In Reuß-
Greiz gab der Fürst erst am 3. Juni einer sehr ernstlichen Mahnung
seines Volkes nach und in Gera kam es am 12. August zum förmlichen
Aufruhr der Bauern, welcher eine Besetzung des Landes durch königlich
sächsische Truppen zur Folge hatte. Viel früher wurden in Reuß-
Loben st ein-Ebersdorf durch drei wunderlich stilisirte Erlasse die
allerdings drückenden Beschwerden beseitigt, denn dort wurde die landes-
herrliche Fürsorge weit mehr auf den Wildstand, als auf die Menschen
gewandt, und das Volk lebte in einem völlig rechtlosen Zustande und
unter der Last unerschwinglicher Abgaben.
In Kur Hessen eröffnete Hanau am 29. Februar den Reigen
mit einer Bittschrift, welcher so viele andere nachfolgten, dass sich der
Kurfürst am 6. März zu der Zusicherung veranlasst sähe, neue Stände
einzuberufen und die Minister Scheffer und Makeldey zu entlassen. Die
neuen Minister beriefen die Kammer zum 20. März ein. Da man
jedoch dem Kurfürsten noch nicht trauete und ihn desshalb in seinem
Schlosse fast belagerte, so gab er endlich am 11. März mit der er-
zwungenen Berufung des Bürgermeisters Eberhard von Hanau, wo sich
am 9. März unter dem Namen eines Volksrathes sogar eine proviso-
rische Regierung gebildet hatte, die Gewähr freisinniger Aenderungen.
Der hartverfolgte Jordan wurde als Vertrauensmann nach Frankfurt
an den Bundestag gesandt und auch andere Ungerechtigkeiten des ge-
stürzten Regimes wurden wieder gut gemacht, aber die Minister fanden
an dem Kurfürsten fortwährenden Widerstand in ihren Verbesserungs-
Plänen , so dass, nachdem cs zwischen Bürgerwchr und einer Abthei-
lung Garde zu blutigen Auftritten gekommen war, es erst einer rück-
hallslosen Vorhaltung der möglichen Folgen fortgesetzten Widerstandes
gelang, den harten Sinn des Fürsten zu brechen und die Erfüllung aller
ihm gestellten Bedingungen zu erlangen (10. und 11. April).
Hannover blieb lange ruhig, wie mächtig auch die Bewegungen
rundum waren, und als endlich die Hauptstadt am 3. März mit einer
schüchternen Bittschrift hervortrat, wurde dieselbe von dem Könige schroff
zurückgewiesen. Allein gerade diese und bei nachfolgenden Fällen be-
wiesene Unbeugsamkeit des Königs reizte das Volk und der König sah
sich am Ende genöthigt, am 17. März nachzugeben. Die kurze Zeit
darauf zusammengerufenen alten Stände zeigten sich, wie sehr sie auch
vom Volke bemijstraut wurden, als den Forderungen der Neuzeit ge-
wachsen. Bis zum 8. Juli, wo ihre Vertagung erfolgte, hatteir sie
Hannover eine freie Verfassung gegeben.
In Braun schweig gelangten die Volkswünsche bereits den
1. März an den Herzog, welcher, als der erste unter den deutschen