1852 -
Leipzig
: Wigand
- Autor: Winderlich, Carl
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Specielle Geschichte.
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ten ausgebrochenen Unruhen, wobei viele Soldaten mit den Aufständi-
schen gemeinschaftliche Sache machten, gab die am 13. Mai zu Offen-
burg abgehaltene Volksversammlung Kraft und entschiedene Richtung.
Man schritt zur Ernennung einer provisorischen Regierung, erklärte die
Revolution für permanent und sorgte für Errichtung eines Revolutions-
heeres. Gelang es noch, Hessen, Nassau und Würtemberg in den
Strudel der Revolution hineinzuziehen, so schien die Sache derselben
Aussicht auf Erfolg zu versprechen, allein die gräuliche Ermordung eines
geachteten Darmstädter Beamten, welcher die Volksversammlung zu
Laudenbach an der Bergstraße in den Schranken des Gesetzes zu halten
versuchte, raubte alle Sympathieen für den Aufstand, Unterdessen war
der Großherzog von Baden entflohen, um sich Hilfe zu verschaffen,
während dessen Brentano versäumte, sich und die Seinigen dem heran-
ziehenden preußischenheere gerüstet gegenüber zu stellen. 60,000preußen,
außerdem noch Hessen, Baiern und Mecklenburger, zogen heran und
schon jetzt vermochte man dem Pfalz-badischen Aufstande das Prognofti-
kon zu stellen, wie viele Tauseitde auch freiwillig sich an die Aufständi-
schen als Freischaaren angeschlossen hatten, denn Brentano war nicht
der Mann, der seiner Aufgabe gewachsen war. Wenn auch die Baden-
Pfälzer da und dort einige Vortheile erkämpften, so wurden sie jedoch
immer weiter nach Süden gedrängt und der von Amerika zurückgerufene
Hecker kam gerade noch zurecht, um den Fall des Vaterlandes zu sehen
und einen neuen Stachel im Herzen nach Amerika zurückzukehren. Das
letzte Bollwerk der Revolution, Rastatt, fiel am 23. Juli in die Hände
der Preußen. Jetzt folgten Standrecht, Verhaftungen und Verur-
theilungen zu Pulver und Blei, denen Dortu, Ticdemann, Trützschler
und viele Andere anhcimfielen. Kinkel wurde zu lebenslänglicher Zucht-
hausstrafe begnadigt, kam nach Naugardt, später nach Spandau, wo
er spinnen lernen musste und ist im October 1830, wer weiß durch
welche Vermittelungen, aus seiner Gefangenschaft entflohen, nach Paris
gelangt und begab sich, weil er aus der Republik Frankreich ausgewie-
sen worden ist, nach England. Die Frucht dieser Hilfsleistung für Preußen
wareine Militärconvention, wonach die badischen Truppen nach Preußen
verlegt und reorganisirt werden sollten und Preußen die Besatzung Badens
bildeten. Gegenwärtig hat es Oesterreich dahin gebracht, dass die
Preußen nicht nur aus Baden, sondern selbst aus der Festung Rastatt
zurückgezogen werden, eine moralische Niederlage, gegen welche der
Gewinn der beiden Hohenzollernschen Ländchen ohne Bedeutung bleibt.
Die innere Geschichte des Staates im Jahre 1849 ist traurig und
wird darin nur noch von der Schmach des Jahres 1850 übertroffen.
Am 7. August traten die neuen Kammern zusammen, was das gewalt-
sam erschlaffte Leben wieder in Etwas auffrischte. Die Wahlen zu den
Kammern waren, da sich die Demokratie gänzlich enthielt, überall
Minoritätswahlen, deren Beschlüssen von dieser Partei im Voraus jede