1856 -
Münster
: Cazin
- Autor: Tücking, Carl
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Bildungsanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Deutschland unter Regenten
waren die einzelnen Sekten immerhin noch vereinigt und zwar
sowohl innerlich durch ihren gleich großen Fanatismus gegen
Andersgläubige, als auch äußerlich durch Annahme der von
Jacob von Mies während Hussens Gefangenschaft neu aufge-
stellten Lehre, man müsse das Abendmahl unter beiderlei Gestal-
ten (sub utraque specie) empfangen, woher sie den Namen
Utraquisten oder Calixtiner erhielten. Als ein päbstlicher Legat
die Irrenden unter dem Beistände der weltlichen Macht in den
Schooß der Kirche zurückzuführen unternahm, erklärte sich Kö-
nig Wenzel zu Gunsten der Hussiten, und erst als die Umtriebe
Ziska derselben hauptsächlich unter dem fanatischen Anführer Ziska
ihm für seine Stellung bedenklich zu werden anfingen, verbot
er ihnen für ihre gottesdienstlichen Zusammenkünfte die früher
zugestandene Benutzung der Kirchen in Prag. ' Daher feierten
sie jetzt ihre religiösen Handlungen auf freiem Felde und beson-
ders auf Bergen, denen sie testamentalische Namen, wie Horeb
und Tabor, gaben; auch hielten sie feierliche Umzüge durch die
Straßen von Prag, bei denen ein Kelch vorgetragcn wurde. Als
der Magistrat ihnen diese untersagte und sogar einige von ihren
Glaubensgenossen gefangen hielt, stürmten sie das Rathhaus,
und stürzten elf von den Magistratspersonen aus den Fenstern,
welche von dem darunter stehenden Pöbel mit Spießen aufge-
fangen wurden. Alles dieses geschah noch unter Wenzels Re-
gierung in Böhmen; und als derselbe 1419 starb, wollten die
Czechen den wegen vorgeblichen Treubruchs an I. Huß ver-
haßten Sigismund als ihren König nicht anerkennen.
§ 105. Hussiten - Kriege. 1419 — 1436. Als Si-
gismund seine Anerkennung durch Waffengewalt erzwingen wollte,
verhob sich die ganze Czechen-Partei unter Ziska ; ein Heer, wel-
ches Sigismund von seinem Erblande Ungarn in Böhmen ein-
rücken ließ, wurde 1420 von den fanatischen Taboriten vor
- Prag geschlagen, und Sigismund mußte, da Unterhandlungen
Unglückliche zu keinem Resultate führten, zurückziehen. Er unternahm dar-
Feldzüge auf noch fünf Feldzüge, welche jedoch eben so unglücklich ende-
L7"ie !en. wie der erste; zwar hatte er nach mehrmaligen Niederlagen
Taboriten. w den Jahren 1421 und 1422 ein Reichsherr aufgeboten, wel-
ches aber bei dem Verfall aller Kriegsordnung in Deutschland
gar nicht recht zu Stande kam. Ueberdies konnte ein Heer,
welches nur für die bestimmte Zeit eines Feldzuges in Heer-
bannsdienste stand, den fortwährend unter den Waffen lagern-
den Böhmen um so weniger einen kräftigen Widerstand leisten,
weil die Kriegführung bei dem Aufkommen der Feuerwaffen
nur durch andauerndes Exercitium günstige Erfolge erzielen
konnte. Doch wollten die deutschen Fürsten wegen Geldmangel
kein Söldnerheer auf längere Zeit unterhalten, und so blieb