1858 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule, Höhere Bürgerschule, Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Bürgerschule, Höhere Realschule, Gymnasium, Privatanstalt, Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Die Religionskriege in Deutschland. 215
d.en. Moritz und Joachim von Brandenburg verwendeten sich für ihn und
erlangten die Zusicherung, „wenn er sich auf Gnade und Ungnade ergebe, Ab-
bitte thue, und seine Festungen ausliefere, so solle er weder mit Leibesstrafe
noch mit ewigem Gefängniß belegt werden." Durch mündliche Unterredung
wurde die Bedingung noch gemildert, so daß die beiden Fürsten dem Landgra-
fen Sicherheit seiner Person und seiner Besitzungen gewährleisteten. Im Ver-
trauen hierauf begab sich Philipp mit einem sichern Geleit versehen nach Halle,
wo das kaiserliche Feldlager war. Als er hier in feierlicher Versammlung fuß-
fälligabbittegethan und dann, von Herzog Al ba zum Abendessen ge-
laden, sich aufs Schloß begeben hatte, wurde er trotz aller Einwendungen fest-
gehalten. Der Kaiser konnte sich den Triumph nicht versagen, seine beiden
größten Gegner in seiner Gewalt zu haben. Bald darauf verließ Karl Sachsen
und nahm die Gefangenen mit sich. Diese Thal führte zuerst eine Kälte zwi-
schen Moritz und dem Kaiser herbei.
§. 336. Unterdessen hatte das am 13. Dezember 1545 eröst'nete Triden-
tiner Concil seine Berathungen gehalten. Da aber die Verhandlungen unter
der Leitung des päpstlichen Legaten vor sich gingen und der Kern der Versamm-
lung aus Ordensgeistlichen und unbedingten Anhängern des Papstthnms be-
stand, so erhielten die Beschlüsse eine solche Fassung, daß die Protestanten darin
eher eine Abstoßung als eine Annäherung erkennen mußten. Dieser Gang war
dem Kaiser, der jetzt die so lange gewünschte Vereinigung der Confessionen zu
Stande zu bringen hoffte, höchst unangenehin; er machte Vorstellungen und
wünschte die Geheimhaltung der Beschlüsse, da er gerade jetzt die protestanti-
schen Stände zu dem Versprechen gebracht hatte, sich dem Concil zu un-
terwerfen, wenn die bereits entschiedenen Punkte einer neuen Berathung
unterworfen würden. Aber Paul Iii., der wohl merkte, daß der Kaiser die Ab-
sicht hege, das Papftthum zu beschränken und in der katholischen Kirche solche
Reformen einzuführen, daß die Protestanten sich zu einem Beitritt entschließen
könnten, ließ nicht nur die Beschlüsse bekannt machen, sondern verlegte auch
das Concil nach Bologna. Darüber wurde der Kaiser höchst ungehalten.
Er verbot den Geistlichen, Trient zu verlassen, vermochte aber nur die Minder-
zahl zurückzuhalten, und um in Deutschland eine Wiedervereinigung der Kirche
anzubahnen, ließ er eine Verordnung ausgehen, wie es bis zur Beendigung
des Concils gehalten werden sollte. Dies geschah durch das Augsburger In-
terim, das anfangs für beide Religionötheile bestimmt war, später aber auf
die Protestanten allein beschränkt wurde. In diesem war den Bekennern der
evangelischen Kirche der Kelch und die Priester ehe gestattet, in der Lehre
von der Rechtfertigung, der Messe und einigen andern Punkten durch
eine unbestimmte Fassung eine Annäherung versucht, im Gottesdienst aber
und in den Ceremonien der alte Gebrauch beibehalten. Dieses Interim fand
großen Widerspruch, weniger bei den protestantischen Fürsten als bei den
Städten und Predigern. Die letztem konnten weder durchamtsentsetznng
noch durch Schädigung an Gut und Freiheit zur Annahme einer Religionsbe-
stimmung bewogen werden, die ihrem Gewissen widerstrebte. Von ihren Stel-
len vertrieben flohen sie die Heimath und den häuslichen Heerd, um sich auf
verborgenen Wegen nach den norddeutschen Städten zu retten, die das Interim
entschieden zurückwiesen. Gegen 400 Prediger waren landesflüchtig; den mei-
sten bot das mit der Acht beleg te M agdeburg eine Zufluchtsstätte. Auch
in Sachsen, der Wiege der Reformation, entflohen viele Geistliche aus Haß
gegen das Leipziger Interim, bei dessen Abfassung sich Melanchthon
den Vorwurf allzugroßer Nachgiebigkeit zugezogen. Von Magdeburg ging eine
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1548