1858 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule, Höhere Bürgerschule, Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Bürgerschule, Höhere Realschule, Gymnasium, Privatanstalt, Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Reformen der Fürsten und Minister.
In diesem wurde die Unabhängigkeit der nordamerikanischen Frei-
staaten anerkannt und die gegenseitigen Ansprüche der übrigen kriegführenden
Mächte durch Abtretung oder Rückgabe der eroberten Städte und Inseln aus-
geglichen. Den größten Schaden litt Holland. Der unglückliche Krieg hatte
seiner Seemacht und seinem Handel Wunden geschlagen, von denen es sich nie
wieder erholte. Außer den unersetzlichen Verlusten, von denen die oft- und
westindischen Handelsgesellschaften betroffen wurden, erfuhren auch die hollän-
dischen Besitzungen in Ostindien eine Schmälerung. Seitdem trat Holland in
eine engere Verbindung mit Frankreich; das Volk aber, aufgeregt durch die
Ideen von demokratischer Freiheit und Republikanismus, die seit dem ameri-
kanischen Krieg über Europa gekommen, machte seinem Groll durch einen Auf-
stand gegen die englisch gesinnte Regierung Luft. Der Herzog Ernst von
Braunschweig mußte das Land verlassen, der Erbstatthalter und seine Ge- rrs*.
mahlin wurden bedroht, in einigen Städten entstanden Empörungen mit Volks-
bewaffnung. Beunruhigt über die zunehmende Aufregung ließ endlich Friedrich 1785,
Wilhelm Ii. von Preußen, Bruder der Erbstatthalterin, Truppen in Holland
einrücken. Diese machten dem Aufstand schnell ein Ende und stellten die Ord- l787-
nung wieder her.
Amerika ging allein mit Gewinn aus dem Krieg hervor. Nach mancherlei
Verfassungskämpfen kamen „die vereinigten Staaten" endlich dahin überein, daß die
oberste Bundesregierung aus dem Congreß und einem alle vier Jahre neu zu 1788*
wählenden Präsidenten bestehen sollte. Jener zerfällt in den Senat, in den
jeder Staat zwei Abgeordnete sendet, und in die Repräsentanten, welche alle
zwei Jahre von sämmtlichen Bürgern des republikanischen Bundesstaates frei und
ohne Census gewählt werden. Die richter liche Gewalt ruht in den Händen
eines obersten Bundes g er ich ts und einer Anzahl Bezirksg er ich te mit Ge-
schw ornen. Jeder einzelne Staat hat eine freie selbständige Regierung zur Leitung
seiner innern Angelegenheiten, nebst einem Landtag, und überall herrscht Reli-
gionsfreiheit ohne Staatskirche. Dem Congreß steht das Recht der Ge-
setzgebung, Besteuerung, Zoll- und Handelsbestimmungcn,
Kriegserklärung, Friedensschlüsse u. A. zu. Der Präfivent ist Ober-
Befehlshaber der Lanv- und Seemacht und ernennt alle Beamten. Acht Jahre lang
bekleidete der würdige Washington diesen Ehrenposten. Franklin starb 1790 als
84jähriger Greis allgemein betrauert. Er war ein praktisch-kluger Staatsmann,
aber ohne Ideale.
3. Neuerungen der Fürsten und Minister.
§. 459. Die französische Aufklärungsphilosophie und der Pariser Zeitgeist
übten ven größten Einfluß auf die Ansichten und Handlungsweise der Fürsten
und Regierungen. Nicht blos, daß man alle Erzeugnisse der französischen Lite-
ratur in den höhern Kreisen Europa's mit Begierde las und bewunderte, es
war auch Sitte, daß die vornehme Jugend zur Vollendung ihrer Ausbildung
einige Zeit in Paris zubrachte, und kein bedeutender Mann konnte auf Gel-
tung und Anerkennung rechnen, wenn er nicht die geistreichenkreise in
Frankreichs Hauptstadt besucht hatte. Alle Fürsten und Staatsmänner Euro-
pas bemühten sich um die Gunst und Freundschaft der französischen Schrift-
steller und Philosophen; ist es daher zu verwundern, wenn in den drei letzten
Jahrzehnten, welche der französischen Revolution vorausgingen, viele Neuerun-
gen und Reformen vorgenommen wurden, die in dem von Frankreich gebilde-
ten Zeitgeist ihren Ursprung hatten? Was man in Rede und Schrift als Wahr-