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1. Geschichte des deutschen Volkes - S. 63

1867 - Berlin : Vahlen
Normannen u. Magyaren. Die letzten Karolinger in Deutschland. Konrad I. § 94. 63 und Kriegslust jenen Gothen, Franken, Sachsen der früheren Zeiten (§ 24) ähnlich, begannen an allen Küsten das ehemalige große Frankenreich zu bedrohen. Ihre Heimat war Dänemark und Norwegen. Schon Karl der Große hatte, als er ihre schnellen Schiffe einst vor seinen Augen nahe bei einem Hafen des südlichen Frankreichs hatte kreuzen sehen, unter Thränen prophezeiet, daß sie seinen Nachfolgern ein schweres Uebel werden würden, und hatte in den letzten Jahren seiner Negierung Fleiß auf Gründung einer Seemacht und Beschützung der Küsten gewandt. Seine Nachfolger hatten Alles dies verfallen lassen, ja Ludwigs des Frommen Sohn, Lothar, hatte selbst diesen furchtbaren Feind gegen feine Brüder in's Land gerufen. Die ganze streitbare Macht des Frankenreichs war nur noch in der Hand des Aoels, der allmählig in den inneren Kriegen sich aufrieb. Er war diesen neuen, gewaltigen Gegnern nicht gewachsen, zumal sie Herren des Elementes waren, dem die Franken sich längst entfremdet hatten. Das Meer nemlich schien ihre eigentliche Heimat. Als schnelle Räuber folgten sie '„dem Wege der Schwäne", gen Süden, wohin es von jeher den nordischen Mann mächtig zog; so kamen sie im leichten Schiff, „ans dem Meeresrappen", über die Wellen daher; wehe den Küsten, die diese „Wikinger" überfielen! Städte und Dörfer wurden niedergebrannt, die Beute weggeführt, die Menschen in die Sklaverei geschleppt. Auch das innere Land war nicht sicher vor ihnen; mit ihren leichten Fahrzeugen fuhren sie weit die großen Flüße hinaus, und bereiteten tief im Lande denselben Schrecken, wie an der See; ja von einem Strom zum andern trugen sie ihre Fahrzeuge auf Schultern und Wagen, so daß nicht einmal das Land sie hinderte. Schon unter Ludwig dem Frommen waren sie erschienen; 845 hatten sie Hamburg, den neuen Bischofssitz, nieder- gebrannt. Später hatten sie Aachen verheert, und ihre Pferde in die von Karl dem Großen erbaute Kirche eiugestallt; dann Cöln, Trier, Nymwegen und viele andre Orte in Asche gelegt. Bald wagten sie sich auch nach England, das sie völlig unterjochten, bis hier Alfred der Große (871—901), der Enkel jenes Ekberts, welcher zuerst die angelsächsischen Königreiche geeinigt hatte, ihre Herr- schaft abschüttelte. Ebenso drangen sie in den Canal, fuhren die Seine hinauf und bedrohten mehr als einmal Paris. Zuletzt, als die Zeiten ihres räuberischen Schweifens endlich vorüber waren, haben sie Reiche gegründet, auch hierin den Germanen der Völkerwanderung vergleichbar. Zuerst trat ihnen Karl der Ein- fältige eine Provinz in Nordfrankreich ab 911, (die nach ihnen benannte Nor- mandie) indem er ihrem Herzog Rollo seine Tochter Gisela vermählte. Die Normannen, die sich hier ansiedelten, wurden Christen, nahmen bald die fran- zösische Sprache an, und verschmolzen ihre rauhe und ränkevolle Tapferkeit mit den feinen ritterlichen Sitten, die vom Süden Frankreichs kamen. Sie waren es, die später unter Wilhelm dem Eroberer nach England übersetzten und in der Hastingsschlacht 1066 dem Reiche der Angelsachsen ein Ende machten, ohne daß jedoch hier die germanische Grundlage des Staates und des Volks- charakters durch diese Eroberung verschwand. — Andre Normannen gründeten (siehe unten) in Sizilien und Süditalien den Normannenstaat, seit etwa 1000 n. Chr., der später so tief in die deutsche Kaisergeschichte verwoben ist. Auch hier tauschten die Nordländer bald ihre Sprache gegen das Italienische um. Selbst die Anfänge des russischen Reiches rühren von ven Normannen her: denn unter dem Waräger Rurik gründeten sie von Nowgorod her, 862, eine Herrschaft, deren Hauptstadt bald Kiew am Dnjepr wurde. So wurde noch einmal durch einen letzten Act der großen Völkerwanderung, den diese Nor- mannen herbeiführten, eine Reihe von Staaten ins Leben gerufen, die gleich- falls auf germanischer Grundlage ruhten.
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