1867 -
Berlin
: Vahlen
- Autor: Müller, David
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Unterrichtsanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
- Geschlecht (WdK): Jungen
Die deutschen Städte. Die deutsche Baukunst. § 186—188. 117
so zahlreich waren, daß man sprichwörtlich behauptete, ein Mönch, der von
ihnen aus nach Rom reise, könne bis zu den Alpen hin auf eigenem Grund
und Boden übernachten. In ähnlicher Weise wirkte der aus ihnen hervorge-
gangeue Prämonstratenser-Orden (gleichfalls in weißem Ordensgewande),
der sich besonders wohlthätig in den ostsächsischen und brandenburgischen Ge-
bieten erwies, wo eine Menge Kirchen und Ortschaften durch ihn begründet
wurden.
§ 187. Während der Kreuzzüge entstand eine Verbindung von Mönch-
und Ritterthum in den geistlichen Ritterorden. Zunächst zur Kranken-
pflege und zum Schutze der Pilgrimme im heiligen Lande bildeten sich die Orden
der Johanniter — sie trugen ein weißes Kreuz auf schwarzem Mantel —
und die Tempelritter mit rothem Kreuz auf weißem Grunde. Da beide
Orden meist aus welscher Ritterschaft bestanden, so ward bei dem dritten Kreuz-
zuge, während der Belagerung von Akkon, ein deutscher Ritterorden ge-
gründet, zu dem Bremer und Lübbeker Kaufleute die Geldmittel beschafften, und
der das schwarze Kreuz auf weißem Grunde führte. Alle diese Ritterorden
nahmen die Mönchsgelübde (§ 186.) über sich, fügten aber das des beständigen
Kampfes gegen die Ungläubigen mit hinzu. Durch Geschenke und Stiftungen
wurden sie bald so reich, daß sie zahlreiche Knechte, ja selbst Laienritter in Dienst
nehmen konnten. Auch in Deutschland wurden Johanniter wie Tempelritter an-
sessig, besonders in Gebieten, die man erst noch colonisiren wollte; so z. B. im
Brandenburgischen. Doch ist für unsere deutsche Geschichte aus mehrfachem
Grunde eben der deutsche Orden der wichtigste geworden. Sein zweiter
Ordensmeister, der edle, kluge und ritterliche Hermann von Salza, leistete
Kaiser Friedrich Ii. bei seinem Kreuzzuge (§ 171.) und auch später so wesent-
liche Dienste, daß er von ihm in die Zahl der deutschen Reichssürsten mit aus-
genommen wurde. Unter ihm ward der Orden, während schon im Morgenlande
die Christen immer mehr Boden verloren, nach Preußen gerufen, in die noch
wilden Länder um die Weichselmündung. Hier hatte der Heilige Adelbert ge-
lehrt und gelitten (§ 119.). Von den heionischen Preußen erschlagen, war er
vornüber mit ausgebreiteten Armen in Kreuzgestalt zu Boden gesunken, und
hatte so gleichsam das Land im Voraus dem Christenthum geweiht. Jetzt
nun vereinigten sich hier die deutschen Ritter mit den Schwertbrüdern, einem
Orden, der gleichfalls aus deutschem Adel bestand, und zur Bekämpfung des heid-
nischen Livlands und Esthlands gegründet war. Im langen Kampfe, in welchem
die altpreußische Bevölkerung fast ganz ausgerottet wurde, unterwarfen die Ritter
das weite Land und füllten die verödeten Strecken mit deutschen Colonisten; zu-
letzt siedelte, als im Morgenland jede weitere Thätigkeit abgeschnitten war
(181, Anm.) der ganze Orden über, 1309, und gründete die Marienburg,
als den prächtigen Sitz des Hochmeisters. So ward hier ein „Kleindeutschland",
wie man es wohl nannte, durch das deutsche Schwert und den deutschen Pflug
erobert, und die Wiege zukünftiger großer Geschicke aufgestellt.
4. Die deutschen Städte. Die deutsche Baukunst.
Z 188. Während an den Höfen der Fürsten und auf den Burgen des
Adels das ritterliche Leben sich entfaltete, ward in den aufblühenden Städten
auch ein bürgerliches Treiben und Behagen wach. Die Städte haben den alten
germanischen Freiheitssinn durch die Zeiten des Mittelalters bewahrt und ihn
der Neuzeit zugetragen. Wir sahen oben (§ 20.) wie aus römischen Castellen