1867 -
Berlin
: Vahlen
- Autor: Müller, David
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Unterrichtsanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
- Geschlecht (WdK): Jungen
Preußen vom Baseler Frieden bis 1806. § 571—573.
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Durch denselben trat Oestreich Venetien (§ 552.) an das Königreich Italien,
Tirol und Vorarlberg an Baiern (das dafür Berg an Mürat gab),
kleinere Stücke des Breisgau's an Württemberg und Baden ab; dafür bekam es
als Entschädigung Salzburg*). Der Kaiser mußte die zu Königen erhobe-
nen Herrscher von Baiern und Württemberg,-sowie den Großherzog
von Baden als völlig souverän anerkennen, und dem französischen Herrscher die
Stiftung einer confédération germanique (des späteren Rheinbundes) zugesiehen.
Am schmählichsten aber ward Haugwitz und in ihm Preußen behandelt. Nach
der Austerlitzer Schlacht wagte jener vollends nicht mehr, seiuen Auftrag auszu-
richten, den Napoleon doch kannte und in rachsüchtiger Erinnerung behielt.
Gerade an dem Tage, wo er nach seines Königs ursprünglichem Befehl hätte
den Krieg erklären müssen (15. Dezember) schloß er den Vertrag zu Schön-
brunn, durch welchen Preußen in ein Bündniß mit Frankreich trat, und als
Preis dafür Hannover erhielt. Zwei Monate später (15. Febr. 1806) ward
dieser Vertrag zu Paris erneuert, aber schon mußte Haugwitz das Alt-Hohen-
zollernsche Anspach dafür an Baiern und die Reste von Cleve an Mürat's
Großherzogthum Berg abtreten. Durch diese Verträge war auch Preußen auf
die Bahn des Untergangs geführt.
9. Preußen vom Baseler Frieden bis 1806.
§ 572. Preußen hatte seit dem Baseler Frieden sich auf sich selbst zurück-
gezogen und war in steter Neutralität beharrt. Eine solche aber stimmte weder
mit der Stellung Preußens, noch mit den Erinnerungen aus der Zeit des großen
Kurfürsten und des großen Königs. Ersterer hatte ganz entschieden, so klein
auch seine Macht noch war, es für seinen Beruf geachtet, für Deutschlands Heil
und Grenzen stets im Vordertrefsen zu stehen; letzterer hatte seinem Reiche die
Weisung hinterlassen, daß es in allen europäischen Zerwürfnissen den Ausschlag
geben müsse.**) Beider Testamente war damals Preußen uneiugedenk und be-
reitete so sich selbst seinen Sturz vor.
§ 573. Friedrich Wilhelm Ii. starb am 16. Nov. 1797. Ihm folgte
sein 27jähriger Sohn Friedrich Wilhelm Iii. (1797—1840). Der junge
König, eine edle soldatische Gestalt, knapp und karg in Worten, verschlossen und
königlich in seiner Haltung, hatte die edelsten und reinsten Bestrebungen, sein
Volk glücklich zu machen. Aber, wie einst sein Vater selbst, fern von Geschäf-
ten und durch beschränkte Menschen erzogen, fehlte ihm damals noch die volle
Reife und Festigkeit des Charakters, und vor allem das Vertrauen in sich selbst,
das einem Regenten erst das rechte Gewicht des Handelns giebt. So blieben
zum Theil die alten Rathgeber seines Vaters auch seine Leiter, zu seinem und
seines Staates Verderben. Manches freilich änderte sich bei Hofe: der König
selber war fittenrein, bürgerlich schlicht und ehrbar; neben ihm stand seine junge,
schöne, hochbegabte Gemahlin, Luise von Mecklenburg-Strelitz (geb. 10. März
1776, gest. 19. Juli 1810). Schon an Friedrich Wilhelms Ii. Hof hatte sie
edle Sitte, Huld und Anmuth gebracht, einen milden wohlthätigen Sinn und
ein Gemüth, das in Natur, im Umgang mit Kindern und mit einfachen Men-
schen aus dem Volke seine Freude fand. Damals bewundert als die Fürstin
*) Der Kurfürst von Salzburg (559.) erhielt das von Baiern abgetretene Würzburg.
**) Es müsse „¡’arbitre des destinées de l’Europe“ sein.
David Müller. Geschichte des deutschen Volkes. 22