Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Geschichte des deutschen Volkes - S. 366

1867 - Berlin : Vahlen
366 Die letzten Jahre der Knechtschaft 1810—1812. § 627—629. begeisterten Vaterlandsliebe vorzuziehen, und sich nur Napoleon recht gefällig machen zu wollen. Zwar war, trotz der Verschwägerung, weder bei dem Kaiser noch bei dem hohen Adel irgend eine Hinneigung zu dem übermüthigen Empor- kömmling. Aber hätte man auch, wie die eifrigsten Patrioten noch immer wünsch- ten, einen neuen Kampf gegen Napoleon bestehen wollen, so hinderten die schwer erschütterten Finanzen des Kaiserstaates an jeder größeren Unternehmung. Gerade jetzt steigerten sich diese Verlegenheiten fast zum Staatsbanquerott. § 628. Immer aber stand Oestreich noch eine Stufe günstiger als Preu- ßen. Preußen hatte im Kriegsjahre 1809 genug gethan, um Napoleon (dem natürlich kein Schritt verborgen blieb), zu reizen, dagegen zu wenig, um ihn im Bunde mit Oestreich und dem übrigen Deutschland unschädlich zu machen. Na- poleon kannte den heißen Haß, den die preußischen Männer — er nannte sie deshalb die Jacobiner des Nordens — gegen ihn trugen, sein ganzer schwerer Zorn kehrte sich gegen den kleinen, schon so hart mißhandelten Staat. Die preußische Negierung suchte jetzt diesen Zorn durch Nachgiebigkeit zu besänftigen; der Tugendbund (§ 602.) wurde aufgelöst, die königliche Familie kehrte von Königsberg, wo sie frei und dem noch immer befreundeten Rußland nahe ge- wesen, nach Berlin zurück (§ 601.) d. h. fast unter die französischen Waffen, die von Magdeburg, Vorpommern und Hamburg aus leicht einen Schlag führen konnten. Ja, das Ministerium Altenstein fand vorübergehend selbst den Ge- danken nicht zu schrecklich, um Napoleon zufriedenzustellen, ihm Schlesien zu weiterer Verfügung abzutreten I In dieser Ratlosigkeit mußte die Berufung Hardenbergs zum Staatskauzler (Juni 1810) wie ein Segen erscheinen. Hardenberg war an Gewandtheit und Geschmeidigkeit Metternich ähnlich, obwohl er von ihm an Geschick und Weitsichtigkeit übertroffen ward. Es fehlte ihm Stein's großer Charakter. Damals aber nahm er wenigstens die Stein'schen Reformen wieder auf, und Vieles von dem, was Stein vorbereitet hatte, trat noch 1810 in's Leben. § 629. Der dritte Körper, den Napoleon aus dem zerschlagenen deutschen Reich gebildet, der Rheinbund, befand sich unter Napoleon's Protectoral in kaum günstigerer Lage. Das Theilen, Zerreißen und Vertauschen von Ländern ging seit 1809 mit stets erhöhter Willkür weiter. v So hatte z. B. Baiern nur einen Theil von Tirol, das ganz unschädlich gemacht werden sollte, zurück er- halten; ein Theil war zum Königreich Italien, ein anderer zu dem mit Frank- reich vereinigten Jllyrien gekommen. Auch an das Großherzogthum Würzburg, an Württemberg hatte es kleinere Abtretungen machen müssen. Dafür hatte es freilich Salzburg, einen Theil Oberöstreichs und Baireuth erhalten. Aber die Vergrößerungen standen doch nicht im Verhältniß zu den im Kriege von 1809 Napoleon dargebrachten Opfern und zu den daran geknüpften Hoffnungen. Schon war auch hier Mißvergnügen gesäet. Mit dem neugcbildeten Großherzog- thum Frankfurt, das der charakterlose Dalberg erhielt, ward in ähnlicher Willkür verfahren; hier ward Napoleon's Stiefsohn, Eugen Beauharnais, zum Nachfolger bestimmt. Die ganze Einrichtung ward hier französisch. — Jetzt erst begann auch in den Rheinbundstaaten die Fremdherrschaft recht fühlbar zu wer- den. Napoleon's Kriege heischten immer höhere Steuern, immer empfindlichere Conscriptionen. Dabei wuchs das Mißtrauen gegen die schon murrende Be- völkerung. Nicht bloß, daß der Buchhandel, das Zeitungswesen unter die drückendste polizeiliche Aufsicht gestellt und fast vernichtet wurde; auch kein Brief- geheimniß war mehr heilig, bis in den Schooß der Familien, bis in die Ge- sängnißzellen drängten sich die Spione. Kein Gericht war mehr unabhängig, kein Rechtsspruch vor willkürlicher Verschärfung sicher. Am schwersten abev
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer