1855 -
Heidelberg
: Winter
- Autor: Mürdter, Friedrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule, Bürgerschule, Lateinschule, Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Gymnasium, Lateinische Schule, Pädagogium, Realschule, Töchteranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
§. 128. Fortschritte der Reformation in der Schweiz u. in Deutschland. 129
Da nun aber der Kaiser nichts destoweniger durch das Reichskam-
mergericht gegen die Protestanten vorschreiten wollte, so schloßen die
meisten Stände zur Vertheidigung ihrer Rechte und ihres Glaubens 1531
den s ch m a l k a l d i s ch e n Bund. Der Kaiser aber sah sich der
drohenden Türkengefahr wegen genöthigt, mit den Protestanten 1532
den Nürnberger Religio ns frieden zu schließen, welcher ihnen
jedoch keine völlige Sicherheit gab, weil die Zustimmung der Mehrheit
der katholischen Stände fehlte.
4. Fortschritte der Reformation in der Schweiz und in Deutschland bis 1536.
§. 128. In der Schweiz aber war der Haß der beiden Religions-
parteien in offenen Krieg ausgebrochen. Die fünf kleinen katholischen
Cantone (Uri, Schwyz, Unterwalden, Luzern und Zug) schloßen ein
Bündniß mit Oesterreich, ja Unterwalden fiel mit den Waffen ins Ber-
nische ein. Daher drang Zwingli auf Krieg gegen sie. Bern schlug da-
gegen vor, den fünf katholischen Kantonen die Zufuhr abznschneiden.
Darüber erbittert, sielen sie nun ins Züricher Gebiet ein und besiegten
die Züricher bei Kappel 1531, wobei auch Zwingli, der als Feldprediger
mit ausgezogen war, erschlagen wurde. Doch konnte sein Werk nicht
überwältigt werden. Denn dasselbe wurde von Johann Calvin auf-.'
genommen, tiefer begründet und in Genf unter Beihilfe Farel's, Beza's
und Viret's zur calv inifch-reform irten Co nf ess ion ausgebildet. 1536
Calvin (eigentlich Jean Cauloin) wurde 1509 in der Picardie geboren,
studirtc zu Paris und widmete sich später der Rechtswissenschaft. Als er
schon Doctor der Rechte war, fiel ihm eine Bibel in die Hand, deren Erforsckung
ihn sehr anzog, so daß er das Griechische und Hebräische lernte, aber, von
der französischen Regierung verfolgt, nach Basel fliehen mußte. Nach einem
längeren Aufenthalt daselbst kam er nach Genf, wo er als Prediger und
Professor der Theologie angestellt, aber von den sittenlosen Libertinern wegen
seiner strengen Sittenzucht wieder vertrieben wurde. Doch schon nach drei Jah-
ren wurde er zurückgerufen, und stellte in Kirche und Staat eine solche
Ordnung in Gens her, daß diese Stadt die Mutterstadt des refor-
mirten Glaubens wurde.
Da sich Calvin in der Abendmahlslehre mehr der lutherischen Auffaffung
näherte, so spalteten sich die Reformirten in zwei Parteien, Zwingli an er
und Calvinisten, von welchen die letzteren allmälig die ersteren ganz über-
wogen.
In Deutschland hatte sich unterdessen der schmalkaldifche Bund
erweitert und gestärkt, daß der Landgraf Philipp von Hessen es wagen
konnte, den vom schwäbischen Bunde vertriebenen Herzog Ulrich von
Leitfaden der Weltgeschichte. 9