1851 -
Heidelberg
: Winter
- Autor: Dittmar, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Kap. 14. Innere Zustände: Das Lehenswesen.
Entscheidungen schöpften, entstanden bei den Völkern, welche neue Reiche stifteten,
allmählig geschriebene Gesetzgebungen, von denen die der Westgothen saus
dem 5. Jahrh. ), die der salischcn Franken (die lex salica), die der ripuarischen
Franken, die der Thüringer, der Alemannen, der Bojoarier, der Burgunder, der
Ostgothen, der Angelsachsen und der Langobarden, so wie die später hinzugekom«
menen der Thüringer, Sachsen und Friesen, noch vorhanden sind. Sie sind alle, mit
Ausnahme der angelsächsischen, in lateinischer Sprache geschrieben.
Nach deutschem Rechte stand fortwährend noch (K. 3, 10) auf jedes Vergehen
und Verbrechen Geldbuße (Währgeld), und nur auf das Verbrechender
Feigheit und Landesverrätherci der Tod. Auch die B l utr a ch e, so wie die F o l t c r-
gehörten germanisch-deutschem Rechte an; im Uebrigen kamen Leibes-, Lebens- und
Freiheitsstrafen aus dem römischen Rechte hinzu. — Bet mangelndem Beweise
wurde in peinlichen Sachen auf den Eid, in schwerverwickelten Fällen auf ein
G o t t e s u r t h e i l oder O r d a l erkannt, z. B. auf den Zweikampf, die
Feuerprobe (wobei man ein glühendes Eisen mit der bloßen Hand anfassen
oder mit den bloßen Füßen betreten mußte), die Wasser probe (wobei man
aus siedendem Wasser einen Kieselstein re. mit entblößtem Arm herausholen mußte,
oder ins kalte Wasser untergetaucht wurde), die Kreuzprobe (wobei man lange
Zeit unbeweglich mit aufgehobenen Händen an einem Kreuz stehen mußte) re.
Das L e h n s w e s e N. Die gemeinsame Eroberung fremder Länder durch
deutsche Völker brachte namentlich in den Reichen der Franken, Ostgothen
und Longobardcn das Feudal- oder Lehnswesen zur -Ausbildung.
War nämlich ein Land erobert, so wurde es gewöhnlich in drei (ungleiche)
Thcile getheilt; einen behielt nämlich der erobernde König für sich, zusammt
den Privatgütern und Rechten, die sonst dem römischen Kaiser in diesem Lande
zugestandcn hatten; den zweiten gab er seinen Edlen; den dritten, der meist aus
Städten bestund, durften die Besiegten gegen Zinsabgabe behalten.
Der Th eil der Edlen wurde unter diesen selbst durchs Loos vcrtheilt,
und was .jeder bekam , war sein A l l o d oder freies erbliches Eigenthum ; doch
mußte er dafür bei allgemeinen Kricgsaufgeboten dem Heerbann folgen. Einen
Thctl ihres Allodö gaben die Edlen wieder an die Männer ihres Gefolges ab,
wodurch diese auch ein freies Erbgut bekamen. Der Antheil der letztern war nach
Größe, Anlage und Werth verschieden und begründete gleich in den ersten Zeiten
eine große Un g lei ch h eit unter den Siegern, wenn Einzelne durch Thätigkeit und
Einsicht den Ertrag ihres Besitzthums mehrten.
Weil nun die Edlen durch ihren freien Grundbesitz weniger abhängig vom
Könige wurden, so suchte dieser sic dadurch wieder an sich zu fesseln, daß er ihnen
von seinem Eigcnthume einen Th eil zu zeitwciscm, oder auch lebens-
länglichem Genüsse (beneficium) als eine Art Besoldung überließ. Ein
solcher Thcil hieß F e o d oder L e h n S g u t (feudum, bewegliches, d. i. auf
Widerruf geliehenes Gut): der es gab, hieß Lehnsherr; der es empficng,
Lehnsmann oder Vasall. Dafür mußte dieser seinen Lehnsherrn mit Leib und
Leben, Ehr und Gut vcrthetdtgcn, und ihm sowohl in jedem Kriege, als auch
zu Hofe dienen, gehörte daher zu den Getreuen, oder Leudes (Leuten oder
Dicnstmanncn ) seines Herrn. Versäumte der Vasall seine Pflicht, so konnte der
Lehnsherr das Lehen wieder ein ziehen. Ein ähnliches Verhältniß bildete sich
zwischen diesen königlichen Vasallen und deren Gefolge. Das war die Grundlage