1851 -
Heidelberg
: Winter
- Autor: Dittmar, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
- Geschlecht (WdK): Jungen
Kap. 15. Die fränkischen Hausmayer. (Pipin von Heristall.) 83
als ihre austrasischcn Stammgenosscn, die zugleich fortwährend durch germanischen
Zufluß sich erneuerten und kräftig erhielten. Aus diesem sittlichen Gegensatz
entwickelte sich auch ihr politischer mit steigender Schärfe. Während in Neustricn
Sitte und Sprache in's romanische Element übcrgieng , blieb in Australien das
germanische vorherrschend. — Das südwestliche Frankreich (von der Loire
an) war mit Germanischem wenig gemischt, während im romanischen Südoften das
B n r g un dis che herrschend war.
(3.) ^hlothar's Ii Nachkommen waren träge, weichliche Menschen,
ohne alle sittliche und leibliche Kraft, und so konnten die Großen des
Reichs, wie sie es schon bisher gethan, immer mehr Vorrechte an sich
reißen. Die große Schwäche der fränkischen Könige, die sich in allen
diesen Verwicklungen offenbarte, gab daher auch Veranlassung zur Er-
hebung der Macht des königlichen Hausmayer's (Major domus), d. h.
desjenigen Beamten, welchem die Verwaltung der königlichen Privat-
güter (Krongüter, Domänen) und die Sorge für das königliche Dienst-
gefolge übergeben war, und der ursprünglich mit der Regierung des
Landes nichts zu thun hatte, aber allmählig dabei zu Rathe gezogen,
ja selbst zuweilen über das Heer gesetzt, am Ende mit der obersten
Leitung der Regierung selbst betraut wurde.
Schon unter Chlothar Ii findet sich an jedem der drei fränkischen
Höfe (dem austrasischcn zu Metz, dem neustrischen zu Soissons und
dem burgundischen zu Orleans) ein Hausmayer, und unter seinem
ältesten Sohn Dagobert I, der auf eine Zeitlang das ganze Reich
allein regierte, war Pipin von Landen (aus dem Lüttichischen)
auch alleiniger Majordomus, doch nur auf kurze Zeit, weil das Reich
sich bald wieder theilte. Darnach aber brachte im Jahre
687 Pipin von Heristall, der tapfere und kluge austrasische Haus-
mayer und Enkel Pipin's von Landen, durch den Sieg bei Destri
das Majorat von Austrien, Neustrien und Burgund an sich, und
nannte sich Herzog und Fürst der Franken. Ja er machte diese
Hausmayer-oder Großmeisterwürde, die er unter vier einander folgenden
Königen bekleidete, in seiner Familie erblich, und übte so im
ganzen Frankenreich die Königsgewalt aus, während die Merowinger
nur den Königsnamen führten. Mit großer Kraft und gerechter Strenge
stellte er die gesunkene Ordnung im Reiche her, führte die März-
felder ein (K. 17, 3) und legte durch Unterstützung der angelsäch-
sischen Glaubensboten (K. 17, 1), welche das Christenthum unter
den heidnischen Germanenstämmen des östlichen Fr anken-
reichö verbreiteten, den Keim zur eigentlich en Nationalität
des deutschen Volks.
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