1834 -
Dresden [u.a.]
: Arnoldi
- Autor: Philippi, Ferdinand
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Sachsen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Landgraf Herma nn that es darin den meisten seiner Stan-
desgenosscn zuvor, ^und noch ist die Geschichte von dem
Wettstreit, den sechs der berühmtesten Minnesänger
auf der Wartburg hielten, im Munde des Volkes und
der Welt bekannt.
Uebrigens war Landgraf Hermann einer der mäch-
tigsten und gechrtesten unter den deutschen Fürsten, an
Rang einem Herzog gleich, an Landgcbiet und Neichthum
manchen überlegen. Ein König von Frankreich warb
um seine Tochter zur Gcmahlinn, und er selbst freite für sei-
nen Sohn des Ungarnkönigs Tochter. Als er 1216 starb,
hinterließ er drei blühende kraftvolle Söhne, außer einem
vierten schwächlichen, wer hätte glauben sollen, daß bin-
nen einem Menschenalter der Mannsstamm dieses so kräf-
tigen , durch so viele rüstige Glieder berühmt gewordenen
Fürstenhauses völlig ausgestorben sein sollte! So wunder-
bar waltet aber die Vorsehung. Ludwig des Bärtigen
Heldenstamm verdorrte plötzlich, als er eben am kräftigsten
zu wachsen schien, und das zu jener Zeit dem Erlöschen
nahe Haus der Wettiner gedeiht ruhmvoll bis zu unseren
Tagen.
Ludwig Iv., auch der Heilige genannt, Her-
manns I. zweiter Sohn, war das Muster eines wei-
sen, frommen und gerechten Fürsten, reich geschmückt mit
allen Tugenden des Menschen, des Christen und des Re-
genten. Milde, Gottesfurcht, Rechtlichkeit und Ge-
wissenhaftigkeit zeichneten ihn besonders aus, dabei ließ er
sich aber keine zu große Weichmüthigkeit oder Schwäche zu
Schulden kommen. Er ehrte die Priester und that ihnen
viel Gutes, gestattete ihnen aber nicht, Eingriffe in seines
und seines Volkes Rechte zu thun. Er hielt gerne Frieden,
scheute aber auch den Krieg zum Schutze der Seinigen und zur
Abwehr der Unbill nicht, und nahm er einmal das
Schwert zur Hand, so kämpfte er als ein Held und blieb
stets Sieger. Als er zur Negierung kam, war er kaum
16 Jahre alt, und schon 3 Jahre darauf züchtigte er den
Erzbischof von Mainz, der da behaupten wollte, des
Landgrafen Vater sei im Bann gestorben. Darauf ver-
mählte er sich mit des Königs Andreas von Ungarn
Tochter Elisabeth, die von ihrer Kindheit an, an seines