1834 -
Dresden [u.a.]
: Arnoldi
- Autor: Philippi, Ferdinand
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Sachsen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Zweiundzwanzigstes Capitel.
Von den Ursachen der Kirchenverbesserung und
ihren ersten Wirkungen in Sachsen.
Die Gebrechen der römischen Kirche waren sehr alt
und schon oft zur Sprache gebracht worden, che noch Lu-
ther seine Stimme dagegen erhob; aber noch immer hat-
ten die Päpste das Verlangen nach einer Verbesserung zu-
rückgewiesen und grausame Strafen gegen Alle verhängt,
die einen Tadel gegen die, in der Kirche herrschenden, Miß-
bräuche kund werden zu lassen wagten. In Frankreich
hatten im Xlll. Jahrhundert die Albigenser, in Eng-
land im Xiv. die Wiklefitcn, in Böhmen im Xv.
die Hussiten eine Reinigung der Kirche von ihren Miß-
bräuchen begehrt, und auch in Italien waren mehrere
Stimmen deshalb laut geworden, doch immer noch durch
blutige Metzeleien und Einzelne durch die Flamme des
Scheiterhaufens zum Schweigen gebracht worden. Auch die
Kirchcnversammlungen zu Koftnitz und zu Basel hatten
nichts ausgerichtet, denn die Geistlichkeit befand sich gar
zu wohl bei ihrem Wohlleben und in ihrer Berderbniß und
besaß auch Macht und Reichthum genug, um mit Güte
oder Gewalt alle Anmaßungen sich zu ändern, zu unrer-
drücken. Während die Geistlichkeit aber, durch glückliche
Zurückweisung aller Angriffe sicher gemacht, in ihrer Sit-
tenlosigkeit fortlebte und immer tiefer darin versank, hatten
sich die Zeiten gar sehr geändert. Durch die Erfindung
der Buchdruckerkunst, 1436 — 1440, deren Wiege zu seyn
unser geliebtes deutsches Vaterland von der Vorsehung ge-
würdigt worden ist, wurden die Wissenschaften, die bis
dahin, wegen großer Kostbarkeit und Seltenheit der Bücher,
nur von Wenigen gründlich betrieben werden konnten, allen
Menschen, die Fähigkeit und Lust zum Lernen hatten, zu-
gänglich gemacht; wollte aber ein weiser und erfahrener
Mann gute Lehren, nützliche Wahrheiten in Umlauf brin-
gen , so hatte er durch die Buchdruckerpresse das Mittel er-
halten, in kurzer Frist das, was er bekannt machen wollte,
so vielen Tausenden mitzuthcilen, als durch die Feder oder