1834 -
Dresden [u.a.]
: Arnoldi
- Autor: Philippi, Ferdinand
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Sachsen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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der hohe Elaubensnmth, das freudige unerschütterliche Gott-
vertrauen, die reine Menschen- und Vaterlandsliebe, die
Bescheidenheit und Dcmuth bei dem lebhaften Gefühle des
eigenen Werthes und bei dem gerechten Stolz auf die gute
Sache, der er sich gewidmet hatte, alle diese Eigenschaften
mußten sich bei dem Gottesmann Luther auf eine wun-
derbare Weise vereinigen, damit er seinen großen Beruf
erfüllen konnte. Dabei hatte die Vorsehung ihm den rich-
tigen Standpunct angewiesen , auf welchem allein sein Wir-
ken völlig gedeihen konnte; in einem Lande, wo er offene
Köpfe und offene Herzen für seine Lehre fand, auf einer
eben aufblühenden Hochschule, wo eine Menge eifriger
Schüler, von ihm unterrichtet, das Licht der Wahrheit
empfingen, um es bis in ferne Länder weiter zu verbreiten;
unter dem Schutze eines Fürsten, der vor allen die Mittel
und den Willen besaß, die gute Sache zu fördern, und
Einsicht genug, um unter den schwersten Umstanden stets
die rechte Art und Weise dazu zu treffen.
Wie Luther vor Millionen zu seinem Berufe aus-
gerüstet und geeignet war, so besaß auch Kurfürst Fried-
rich unter allen Fürsten, die seine Zeitgenoffen waren,
allein die richtige Einsicht und hatte das rechte Geschick, um
Luthers Wirken zu fördern und gelingen zu machen. Ob-
wohl er selbst eine gelehrte Erziehung genossen hatte und ein
scharfsinniger Denker war, so nahm er es sich doch nicht
heraus, über Luthers Lehre zu entscheiden, dagegen ließ
er auch keine Verdammung derselben durch einen Macht-
spruch zu, sondern bestand darauf, daß zuvor die Irrthü-
mer und Ketzereien Luthers erwiesen werden müßten, ehe
seine Bestrafung und das Verbot seiner Lehre erfolgen könne.
Diese Beweise sind aber die Widersacher der Kirchenver-
befferung schuldig geblieben. Daß Friedrich für die
Sache der Kirchenverbesserung nicht die Waffen ergriff und
ihr nicht gleich öffentlich beitrat, verdient keinen Tadel:
denn gerade durch jene Mäßigung und scheinbare Unpartei-
lichkeit gelangte er dazu, der Reformation wesentlich zu
nützen und viele drohende Gefahren von ihr abzuwenden;
hätte er sich eifriger für die Kirchenverbefferung erklärt und
völlig mit der römischen Kirche gebrochen, so würde ec
einen blutigen Krieg und die offene Feindschaft des römi-