1834 -
Dresden [u.a.]
: Arnoldi
- Autor: Philippi, Ferdinand
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Sachsen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Wahrheit seiner Sache überzeugt, aber auch selbst seine
Gegner achteten seine Beherztheit und Freimüthigkeit. Er
erhielt freies Geleit zur Rückkehr; doch kaum war er fort
und auch Kurfürst Friedrich abgereist, als das Wormser
Edict bekannt gemacht wurde, welches Luthern und seine
Anhänger in die Acht erklärte, seine Lehren verbot und
alle seine Schriften zum Feuer verdammte. Nun glaubten
seine Widersacher den Sieg errungen zu haben, doch froh-
lockten sie zu früh, wie sie bald zu ihrem Schrecken erfah-
ren sollten. Der Kurfürst Friedrich war nicht mehr bei
Abfassung des Edictes zugegen gewesen, er hielt sich also
auch nicht daran gebunden; Herzog Georg dagegen ließ die
Verbreitung der neuen Lehre bei der schwersten Strafe ver-
bieten, verwiest viele Lausende des Landes, die sich zu
der neuen Lehre bekannten, ließ bei der Universität eine
strenge Untersuchung halten, verbot das Lehren der griechi-
schen und hebräischen Sprache daselbst und zeigte seine
Feindschaft gegen Luthers Lehren auf das Heftigste.
Der Hast des Herzogs Georg und die bekannte Hin-
terlist des römischen Hofes ließ alles für die Sicherheit
Luthers fürchten, daher wurde er auf seiner Rückreise im
thüringer Walde, auf das Veranstalten Kurfürst Fried-
richs, plötzlich durch einige verkappte Reiter vom Wagen
gehoben und heimlich nach der Wartburg gebracht; dort
mußte er sich in weltlichen Kleidern, unter dem Namen des
Junker Georg, aufhalten, damit seine Widersacher jede
Spur von ihm verlören. Die Trauer aller Anhänger der
neuen Lehre über Luthers Verschwinden war sehr groß,
denn sie glaubten, daß er in die Hände seiner Feinde gefal-
len sey. Doch bald wurden sie durch seine Schriften über-
zeugt, daß er noch lebe, auch wurde sein Aufenthalt auf
der Wartburg dadurch sehr nützlich, daß er daselbst Ruhe
gewann, das neue Testament zu übersetzen, welches schon
im folgenden Jahre gedruckt wurde, und nun mehr in die
Hände des Volkes kam und die Hauptstütze der gereinigten
Lehre wurde.
Auch in Luthers Abwesenheit hatte die Reformation
in den kurfürstlichen Landen keinen Stillstand. Bis dahin
war noch wenig an den gottesdienstlichen Gebräuchen ge-
ändert worden, da Luther selbst nicht dafür war, daß