1834 -
Dresden [u.a.]
: Arnoldi
- Autor: Philippi, Ferdinand
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Sachsen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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gegen die Obrigkeit noch nie ein gutes Ende genommen
hätten. Seine Warnungen und Ermahnungen blieben die-
ses Mal vergebens; die Bauern, deren bescheidene Bitten
um billige Milderung der drückenden Lasten und Einräu-
mung einiger Rechte kein Gehör fanden, ließen sich von
einigen Schwärmern und Bösewichtern zu schrecklichen Aus-
schweifungen und Gewaltthätigkeiten verleiten, plünderten,
mordeten, brannten und führten einen Vertilgungskrieg gegen
den Herrenstand. Die Fürsten ergriffen schnell kraftvolle
Maßregeln gegen die Aufrührer, zogen mit beträchtlichen
Heeren gegen sie, überwanden sie nach schrecklichen Metze-
leien, obwohl ohne große Mühe,'und ließen die Unglück-
lichen haufenweis hinrichten.
In den sächsischen Landen war Thomas Mün-
zer der Haupturheber des Aufruhrs. Er hatte sich, nach-
dem sein Anhang in Wittenberg unterdrückt worden
war, nach Allstadt gewendet, wo er durch vorgegebene
göttliche Offenbarungen sich bei dem Volke in Ansehen setzte,
durch heftige Predigten gegen den Papst nicht nur, son-
dern auch gegen Luther und gegen die weltliche Obrig-
keit die Gemürher erhitzte, die gottesdienstlichen Gebräuche
nach seiner Art veränderte und erklärte, daß er zur Aus-
rottung aller weltlichen Obrigkeit von Gott berufen sey.
Da er mit seiner Rotte die wildesten Ausschweifungen beging
und sogar die Kirche zu Mellerbach in den Brand steckte,
so mußte er das sächsische Gebiet verlassen, und trieb
sich in der Schweiz, in Schwaben und Franken um-
her, wo er überall das Volk zum Aufruhr aufzuregcn suchte.
Endlich kehrte er nach Thüringen zurück und wurde von
den Bürgern zu Mühlhausen, gegen den Willen des
Magistrats, zum Prediger angenommen. Er wiegelte nun
das Volk auf, ließ den alten Magistrat absetzen und einen
neuen aus Gliedern seiner Secte wählen», an dessen Spitze
er sich stellte, und nun plünderte er die Klöster und geist-
lichen Güter, veränderte alle Einrichtungen nach Gutdünken,
entschied in allen Rechtssachen nach göttlichen Offenbarun-
gen, und führte endlich, um die Armen und den Pöbel auf
seine Seite zu ziehen, die Gemeinschaft der Güter ein.
Dadurch erhielt er einen starken Zulauf, denn die armen
Handwerker und Ackerleute wollten die Güter der Reichen