1834 -
Dresden [u.a.]
: Arnoldi
- Autor: Philippi, Ferdinand
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Sachsen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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zwar, doch nicht durch Laster und Böswilligkeit, sondern
durch menschliche Schwäche und Irrthümer seinen glänzen-
den Standpunkt als vornehmster Ncichsfürst und als Haupt
der protestantischen Glaubenspartei. Nur eine zu weit ge-
triebene Beharrlichkeit, ein zu großes Vertrauen auf die
Rechtlichkeit Anderer brachte ihn und sein Haus in ein so
großes Unglück und seine Glaubensgenossen in die allergröß-
ten Drangsale und Gefahren. Doch kann er dafür dem
Tadel nicht entgehen, so verdient dagegen sein Glaubcns-
muth, seine Standhaftigkeit, Geduld und Gottergebenheit
im Unglück die größte Bewunderung. Hatte er, als er
noch im Besitz der Macht und Größe war, menschlich
schwach gefehlt, so hat er dagegen als ein Glaubensheld
geduldet und gelitten. Bei der'(Kapitulation von Witten-
berg sollte er auch die Beschlüsse des tridentin er Eon-
ciliums anerkennen, allein er wollte lieber sein Leben
verlieren, als seinem Glauben das Geringste vergeben. Er
mußte dem Kaiser als Gefangener folgen und war nicht
dazu zu bewegen, das Interim anzuerkenncn, obgleich der
Kaiser ihn mit roher Härte behandelte und ihm sogar seine
Erbauungsbücher wegnehmen ließ. Er hatte Gelegenheit, aus
seiner Haft zu entstehen, und benutzte sie nicht, weil er
dem wortbrüchigen Kaiser Wort halten wollte. Ohne Groll
und Haß sah er selbst mit an, wie Herzog Moritz mit
der ihm entrissenen Kurwürde belehnt wurde und als ihm
später, als er bereits seiner Haft entlassen war, Markgraf
Alb recht von Brandenburg seinen Beistand anbot,
seinem Nachfolger Moritz die Kurlande wieder zu entrei-
ßen, da wieß er großmüthig dieses Anerbieten zurück, weil
er einmal, wenn auch gezwungen, in die Abtretung der
Kurwürde gewilligt hatte.