1834 -
Dresden [u.a.]
: Arnoldi
- Autor: Philippi, Ferdinand
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Sachsen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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was er einem andern Fürsten geraubt und was er unmög-
lich für sich selbst behalten konnte; auch war das Geschenkte
von geringem Werth wenn die landesherrlichen Gerechtsame
der deutschen Fürsten und die Gewissensfreiheit dafür auf-
geopfcrt werden sollte. So dachte Moritz, und da der
Kaiser nicht hielt, was er in der Wahlkapitulation feier-
lich versprochen hatte, sondern immer größere Eingriffe in
dierechte der deutschen Fürsten machte, so hielt sich Moritz
auch nicht langes zur Anhänglichkeit und Treue gegen ihn
verpflichtet. Allein gegen den mächtigen und staatsklugen
Kaiser, gegen den gewaltigen Herrn der reichsten Länder
zweier Erdtheile konnte ein Kurfürst von Sachsen nicht
so geradezu feindlich auftreten, dazu war alle nur mögliche
Klugheit und Vorsicht nöthig, und Moritz suchte seinen
Meister darin. Die mancherlei Forderungen des Kaisers an
ihn, die der deutschen Freiheit und der evangelischen Reli-
gion nachtheilig waren, verweigerte er nicht gerade zu, aber
er wußte solche Ausreden zu machen, daß er dem Kaiser
eigentlich nichts zugestand, und derselbe doch nicht an sei-
nem guten Willen zweifelte und ihn fortwährend für seinen
getreuesten Anhänger hielt. Das war besonders mit dem
Interim der Fall. So hieß nemlich eine von zwei rö-
misch-katholischen und einem protestantischen Geistlichen
auf Befehl des Kaisers entworfene Vorschrift, wie es mit
den Kirchengebräuchen, bis eine allgemeine Kirchenversamm-
lung darüber entschieden haben würde, gehalten werden
solle. Dieses Interim war so übel gerathen, daß cs
weder den Katholiken noch den Protestanten zusagte; erstere
glaubten, daß den Evangelischen zu viel eingeräumt sek,
diese dagegen meinten, und wohl mit Recht, daß sie zu
viel aufopfern sollten und ihnen zu wenig zugestanden wäre.
Kurfürst Moritz antwortete auf das kaiserliche Ansinnen,
das Interim in seinem Lande einzuführen, daß er aber
zuvor mit seinen Ständen und Theologen darüber berathen
müsse. Wirklich ließ er weitläufige Berathung darüber
durch evangelische Geistliche, die nach Pegau, Torgau,
Leipzig und Iüterbogk zusammen berufen wurden,
anstellen und eine neue Kirchenordnung, das sogenannte
Leipziger Interim, durch Melanchton entwerfen,
welches zwar von dem kaiserlichen abweichend, doch aber-