1834 -
Dresden [u.a.]
: Arnoldi
- Autor: Philippi, Ferdinand
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Sachsen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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liches von ihren Vorrechten aufgeben, während Andere,
durchdrungen von der Ueberzeugung, daß die Einzelnen
auf einen Theil ihrer Vorrechte verzichten müßten, wenn
das Ganze gewinnen sollte, auf die Abschaffung so man-
cher Privilegien drangen, die mit dem Bedürfnisse der Zeit
im Widerspruche standen. Der Kampf war lang und hart,
denn es galt hier die Aufgabe wohlerworbener Rechte, die,
da sie durch Vertrage erlangt worden waren, den Besitzern
ohne ihre Einwilligung nicht genommen werden konnten.
Die wichtigsten Angelegenheiten, die unmitlelbar in das
Leben des Staates griffen, und entscheidend auf dessen
künftige Gestaltung einwirkten, mußten in Frage kommen
und entschieden werden. Die Vertretung des Volkes in
zwei Kammern und deren Zusammensetzung, die Ablösbar-
keit der Frohnden und Servituten, die Patrimonialjuris-
drction, die Feststellung der Wahlordnung, die Bestim-
mung der Civilliste, die Ausscheidung des Staatsguts, die
Oeffentlichkeit der Verhandlungen, die Vereinigung der
Lausitz mit den alten Erblanden, die Unterordnung der
katholischen Geistlichkeit unter einen protestantischen Cultus-
minister, das waren die Hauptgegenstande, worüber ent-
schieden werden mußte, und die lange und heftige Erör-
terungen veranlaßten. Nach einer 6 monatlichen Arbeit
waren endlich die Hauptschwierigkeiten besiegt, und unter
eifriger Mitwirkung des allgemein geliebten Prinzregenten
und dessen edlen Ministers von Lindenau das mühevolle
Werk zu Stande gebracht, welches allein durch den ernst-
lichen Willen, die Freisinnigkeit und die großmüthigen
Verzichtleistungen der Regierung auf mehrere althergebrachte
Vorrechte, möglich geworden war. Mag die neue Verfas-
sung , wie alles Menschliche, noch Manches zu wünschen
übrig lassen, so ist doch nicht in Abrede zu stellen, daß sie
unverkennbar daß Werk der besonnensten Berathung und
des achtbarsten Eifers für das Wohl ^des Vaterlandes ist,
und daß sie, da sie noch keineswegs für abgeschlossen anzu-
sehen, um so mehr sich dazu eignet, diejenigen Verbesserungen
und Ergänzungen in sich aufzunehmen, die die Erfahrung
als bewährt gesunden hat.
Die neue Verfassungsurkunde enthalt im Wesentlichen
folgende Festsetzungen.