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1. Die Geschichte der letzten 50 Jahre - S. 8

1867 - Köln : DuMont-Schauberg
8 2. Die Lage Europa's im Anfänge der neuesten Zeit. Preußens Wiedergeburt war durch die allgemeine, herrliche Begeisterung des Volkes bewirkt worden, die Unglaubliches geleistet, und sich in fast wunderbaren Großthaten geäußert hatte. Nur eine solche Begeisterung machte es ausführbar, daß der ganz verarmte und auf die Hälfte seines Gebietes beschränkte Staat ein trefflich gerüstetes und eingerichtetes Heer von mehr als 200,000 Mann auf- stellen konnte, das in den Schlachten der unsterblichen Feldzüge von 1813 bis 1815 fast allein entschieden hatte. Die natürliche und unmittelbare Folge davon war, daß Preußen die Bewunderung, die Achtung und das Vertrauen der Völker wiedererlangte. Die Augen von Europa und Deutschland waren erwartungsvoll aus Preußen gerichtet. Aber schon hatten die Staatsmänner des rechtlichen und biederherzigen Königs Friedrich Wilhelm Iii. mit voreiliger Bereit- willigkeit in Folge des Vertrages zu Kalisch Polen an Rußland, Hildesheim und das treue Ostfriesland an Hannover, d. i. an Eng- land, überlassen. Dafür mußte nun das preußische Cabinet auf Sachsen als auf eine allein angemessene und genügende Entschädigung Anspruch machen. Es berief sich dabei theils auf das Eroberungs- Recht, und theils auf den Umstand, daß der König von Sachsen für seine dem Neichsfeinde bewiesene Hingebung keine Schonung, viel- mehr Strafe verdiene. Dadurch, daß Preußen auf diese Art eine Entschädigung zu nehmen genöthigt war, ward es von der Gunst der übrigen Hauptmächte abhängig, die ihm an materiellen Macht- mitteln so weit überlegen waren. Preußen, empfindlich über den Widerstand, den es in seinen Ansprüchen von Seiten Oesterreichs, Englands und Frankreichs fand, warf sich mit unbedingtem Ver- trauen in Rußlands Arme, mußte aber bald erfahren, daß es auch von dieser Macht nur kalt und lau unterstützt ward. Daher war es, verlassen und selbst angeseindet von seinen deutschen Mitmächten, ausschließlich auf die eigene Kraft angewiesen. Diese, ihrer ganzen Fülle nach, in Anwendung zu bringen, verordnete Preußens König die allgemeine Waffenpflichtigkeit, und versprach feierlich und förm- lich eine zeitgemäße Verfassung. Die baierische Regierung zeigte immer entschiedener das Be- streben, sich zu einer großen und unabhängigen europäischen Macht zu erheben. Sie hatte Tirol und Salzburg an Oesterreich zurück- gegeben, und dafür Würzburg, Aschaffenburg und die Aussicht auf noch anderweitige Entschädigung erhalten. Noch leitete sowohl die äußere Politik, als die innere Verwaltung der kluge und schlau- gewandte Montgelas. Allein da seine Verwaltung eben so willkür- lich, als gewaltthätig war, so war er beim Volke fast allgemein ver- haßt, indem man den Druck seiner Verwaltung ausschließlich ihm, und keineswegs dem gutmüthigen und menschenfreundlichen Könige Maximilian Joseph beimaß; und so ließ sich der Sturz dieses Mi- nisters um so mehr voraussehen, je mehr es bekannt ward, daß der Kronprinz an der Spitze der Gegenpartei stand. Obgleich einerseits
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