1867 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Geschlecht (WdK): Jungen
17. Leopold I., König der Belgier.
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zur Königin Hortense getreten sein. Der Prinz kehrte bald nach
Coburg zurück, wo er seinem Bruder, dem regierenden Herzog, in
den Regierungs-Geschäften beistand und 1811 einen Grenz-Vertrag
mit Baiern zum Abschluß brachte. Außerdem suchte er durch wissen-
schaftliche Studien und Reisen seine Bildung zu vervollkommnen.
Kaum war im Jahre 1812 in den Schneeseldern Rußlands das
französische Heer vernichtet und die Russen in Polen eingerückt, als
Prinz Leopold im Frühjahr 1813 dahin eilte, den Befehl über seine
Cuirassier-Brigade wieder übernahm und sich an der Spitze derselben
in den Schlachten bei Lützen, Bautzen, Kulm, Leipzig durch seine
Klugheit und Unerschrockenheit auszeichnete. Namentlich trug er bei
Kulm sehr wesentlich zur Niederlage des Generals Vandamme bei,
wofür ihm der St.-Georgs- und der Maria-Theresia-Orden verliehen
wurde. Im Jahre 1814 gab er in den Gefechten bei Brienne, Arcis-
sur-Aube, La Frere-Champenoise neue Beweise der Tapferkeit, zog mit
den Verbündeten in Paris ein und begleitete dann nach dem abge-
schlossenen Frieden den Kaiser Alexander an den englischen Hof.
Bei dieser Gelegenheit lernte er die einzige Tochter des Prinz-Regen-
ten, des nachmaligen Königs Georg Iv., kennen, auf welche der
schöne Prinz einen solchen Eindruck machte, daß sie die Hand des
für sie bestimmten Prinzen von Oranien ausschlug und ihrem Vater
erklärte, sie werde nur dem Prinzen Leopold ihre Hand reichen. Es
war ein eigenthümliches Geschick, daß der König von Holland 1831
an denselben Prinzen Belgien verlor, der ihm 16 Jahre früher seine
Braut abwendig gemacht hatte, denn der Prinzessin Auguste Char-
lotte gelang es, die Einwilligung ihres Vaters zu ihrer Vermählung
mit dem Prinzen Leopold zu erlangen. Durch eine Parlamentsacte
vom 27. März 1816 wurde er naturalisirt und ihm außer der Do-
maine Claremont ein jährliches Einkommen von 50,000 Pfd. St.
bewilligt. Der Prinz-Regent ernannte ihn zum Herzog von Kendal,
als welcher er englischer Peer wurde und Sitz und Stimme im
Oberhause erhielt, zum Mitglieds des Geheimraths und zum Feld-
marschall. Am 2. Mai fand die Vermählung in Carlton House
Statt. Die Ehe war leider nur von kurzer Dauer, denn am 6. Nov.
1817 wurde die Prinzessin Mutter eines tobt geborenen Knaben,
welchem sie einige Stunden später nachstarb. Die Sympathieen ganz
Englands folgten dem Prinzen nach Claremont, wo er nunmehr
seinen dauernden Wohnsitz nahm und in der Einsamkeit und den
Studien Trost suchte. Der Prinz-Regent gab ihm neue Beweise
seines Wohlwollens dadurch, daß er ihn zum königlichen Prinzen
ernannte und ihm die Erlaubniß ertheilte, sich des englischen Wap-
pens zu bedienen. Kurze Zeit nachher vereinigten neue Bande ihn
noch enger mit der königlichen englischen Familie, denn eine seiner
Schwestern vermählte sich 1818 mit dem Herzog von Kent, deren
einziges Kind, die am 24. Mai 1819 geborene Prinzessin Victoria,
seit dem 20. Juni 1837 Königin von Großbritannien und Irland ist.