1867 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Geschlecht (WdK): Jungen
31. Der Antagonismus der russischen und englischen Politik in Asien. 319
Flucht; am 7. August hielt Schudschah seinen feierlichen Einzug in
die Hauptstadt.
b. Rußland gegen Khiwa; Englands Triumph.
Durch die Nachricht über diese glänzenden Erfolge der englischen
Waffen wurde die russische Politik in Petersburg in hohem Grade
beunruhigt. Ihre bisherige Absicht, über Persien und Afghanistan
der britischen Macht in Ostindien beizukommen, mußte sie als völlig
gescheitert betrachten, und sie entschloß sich nunmehr, den anderen
Weg zu betreten, der sich ihrer Wahl von vornherein dargeboten,
den Weg der Eroberung Turkestans. Gelang diese, so war der Er-
oberung Afghanistans ein Gegengewicht gegeben, und all den Gren-
zen beider Länder standen russische und englische Waffen einander
gegenüber.
Ein Grund des Angriffes war bald gesunden. Die feindseligen
Khane von Khiwa hatten Karavanen und Reisende ohne Unterschied
geplündert und auch Russen in die Gefangenschaft geschleppt. Das
erforderte Genugthuung, aber nicht auf dem Wege der Unterhand-
lung, denn man besorgte eine unwillkommene Nachgiebigkeit. Mit
größtem Eifer und in tiefstem Geheimniß wurden in Orenburg die
Rüstungen betrieben; von hier aus setzte sich am 1. December 1839
die Expedition unter General Perowsky in Bewegung, 20,000 Manu
stark, mit 10,000 Kameelen. Das Ziel, eine Straße nach Indien
zu gewinnen, wurde jedoch nickt erreicht. Der Zug durch die Step-
pen zwischen dem caspischen Meere und dem Aralsee hatte mit Kälte
und Schneegestöber zu kämpfen; in kurzer Zeit war die Mehrzahl
der Kameele gefallen. Kaum halbwegs vorgedrungen, sah sich Pe-
rowsky genöthigt, den Rückmarsch anzutreten; nur winzige Trümmer
gelangten nach Orenburg zurück. Rußland konnte noch von Glück
sagen, daß wenigstens seine Ehre geschont wurde, indem der Khan
von Khiwa sich bereden ließ, seinerseits einen Friedensgesandten nach
Rußland zu schicken. Dennoch aber mußte es sich Behufs der Ueber-
einkunft die Vermittelung Englands gefallen lassen, d. h. derjenigen
Macht, gegen die eigentlich der Zug gerichtet war. Zum Danke
dafür blieb der russischen Diplomatie nichts übrig, als in Persien
und Afghanistan von Neuem gegen England zu wühlen.
Inzwischen hatten die britischen Interessen in Asien nach allen
Seiten hin einen erhöhten Aufschwung genommen. Südlich von
Afghanistan bis zur Meeresküste dehnt sich das Land der Belud-
schen aus. Diese waren durch den Eroberungszug der Briten, der
sich über den Bolanpaß durch ihr Gebiet bewegt hatte, aufgeregt
worden. Der Khan von Kelat und als solcher das angesehenste
Haupt des Landes, hatte sich zu Feindseligkeiten gegen England ver-
leiten lassen. Als nach den Siegen in Afghanistan ein Theil der
britischen Truppen heimkehrte, erfolgte die Vergeltung: die Festung