1867 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Geschlecht (WdK): Jungen
38. Der erste lombardische Krieg.
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cana, Nom und selbst Neapel von der Bewegung für die natio-
nale Unabhängigkeit fortgerissen. Nichts aber war so entscheidend,
als der Entschluß Piemonts. König Karl Albert hatte, im bitteren
Andenken an Metternich's Versuche, ihn durch Verdächtigung bei den
Mächten, namentlich bei Rußland, von der Thronfolge auszuschließen,
wiederholt seine persönliche Feindschaft gegen Oesterreich, zumal gegen
Metternich selbst, durchblicken lassen. Doch erst als man ihm die
Gefahr vorspiegelte durch einen republikanischen Aufstand im eigenen
Lande die Krone verlieren zu können, entschloß er sich, den Lombar-
den Hülfe gegen Oesterreich zu leisten und fand einen Rechtsvor-
wand darin, daß Oesterreich durch Verträge mit den Herzögen sein
rechtlich durch den Po beschränktes Gebiet bis an das Mittelmeer
ausgedehnt habe. Karl Albert stellte sich selbst an die Spitze der
Armee und leuchtete ihr durch kühne Todesverachtung, durch Kalt-
blütigkeit in der größten persönlichen Gefahr voran; aber er war
mehr Soldat als Feldherr, und was den Sieg für Habsburg zuletzt
entscheiden mußte, das war, nebst der vortheilhaften Stellung im so-
genannten Festungsviereck (dem von Peschiera, Verona, Legnago und
Mantua beherrschten Landstrich), die Disciplin des österreichischen
Soldaten, seine unverdrossene Standhaftigkeit, so wie die strategische
Ueberlegenheit, der Feldherrnblick Vater Radetzky's und der „Bar-
barenführer" unter ihm (wie Heß und Schönhals).
a. Der erste Feldzug,*) 1848.
Beide Hauptarmeen erprobten zuerst (6. Mai) ihre eigenthümliche
Tapferkeit in dem Gefechte bei dem Dörfchen Santa Lucia, süd-
westlich von Verona: die Oesterreicher ihre zähe Standhaftigkeit, die
Italiener große Lebhaftigkeit und Ungestüm. Beide bezogen am
Abend ihre Stellungen vom frühen Morgen wieder, aber dieser Rückzug
wirkte schlimm auf das piemontesische Heer, dessen Hauptkraft aus
hoffnungsvoller Begeisterung beruhte, während das durch den Abfall
geschwächte österreichische Heer sein volles Bewußtsein wieder gewann.
An diesem Tage bestanden einerseits der jetzige Kaiser von Oesterreich,
als noch nicht 18 jähriger Erzherzog, und der Erzherzog Albrecht,
Sohn des Erzherzogs Karl, die erste Feuerprobe; audererseits setzte
sich König Karl Albert persönlich den größten Gefahren aus. Beide
Theile hielten es für gerathen, vorläufig keinen größeren Kampf mehr
zu versuchen, bis die beiderseits erwarteten Verstärkungen angelangt
wären. Karl Albert erhielt bedeutenden Zuzug aus Modena, Toscana
und besonders aus dem Kirchenstaate, wo ein förmlicher Kreuzzug
gegen die Oesterreicher gepredigt wurde, ohne daß der Papst es ver-
*) Was hier über den italienischen Feldzug gesagt ist, beucht auf Willisen, »Der
italienische Feldzug des Jahres 1848".
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