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1. Die Geschichte der letzten 50 Jahre - S. 486

1867 - Köln : DuMont-Schauberg
486 52. Rußland unter Alexander Ii. Endlich warf die Regierung sich einer Politik der Verzweiflung in die Arme. Zur Unterdrückung der fortwährend zunehmenden Bewegung benutzte sie eine im September 1862 für das ganze Reich angeordnete Aushebung. Plötzlich in der Nacht des 14. Ja- nuar 1863 wurden in Warschau alle als warme Patrioten bekannte Polen, vorzugsweise die Reichen und Gebildeten, welche nach dem dortigen Gesetze vom Kriegsdienste frei sind, unter endlosen Scenen des Jammers ausgehoben. Sofort constituirte sich das bisher ge- heime revolutionäre Comité als provisorische Nationalregie- rung, rief das Volk unter die Waffen, erklärte die Bauern für freie Eigenthümer der von ihnen bisher bebauten Grundstücke und ernannte Mieroslawski zum Dictator, der aber schon bald, nach einer Niederlage der von ihm angeführten Insurgenten, auf preußi- sches Gebiet floh; eben so sein Nachfolger Langiewicz (Dictator seit 10. Mürz) auf österreichisches Gebiet. Darauf übernahm die Nationalregierung wieder die obere Leitung des Aufstandes. Verge- bens bot die russische Regierung Alles auf, um die Mitglieder der geheimen Regierung zu entdecken, die unter ihren Augen in Warschau ihre Proclamationen und Befehle ergehen ließ, ebenfalls Steuern eintrieb und jeden bedrohte, der solche an den Gegner entrichten würde, auch willige Arme genug fand, um ihre Todesurtheile auf offener Straße, ja, in der Citadelle selbst zu vollstrecken. Erst gegen Ende des Jahres 1863, nachdem die Russen allmählich 200,000 Mann nach Polen gezogen hatten, gelang es dem General-Statthalter Grafen Berg, dem Nachfolger des Großfürsten Constantin in der Statthalterschaft seit 31. October, die Jnsurrection so weit zu unter- drücken, daß nur noch einzelne bewaffnete Banden in den Wäldern umherstreiften. Die Nationalregierung mußte im Februar 1864 ihre Thätigkeit einstellen, mehrere Mitglieder derselben sielen den Russen in die Hände, einige wurden erhängt, andere nach Sibirien verbannt. Der Adel erlitt, außer den schlimmen Folgen des Krieges an sich (Tod im Kampfe, Verbannung, Verarmung), noch einen herben Ver- lust durch den kaiserlichen Ukas vom 2. März 1864 zur Regelung der bäuerlichen Verhältnisse, welcher die Zutheilung des bisherigen Besitzes an die Bauern als Eigenthum, die Entschädigung der Grund- herren durch eine mäßige Grundsteuer und aus Staatsfonds, die Auflösung jeder Verbindung zwischen Adel und Bauern, so wie die Errichtung (vom Grundadel) gänzlich unabhängiger Gemeinden an- ordnete. Der katholischen Geistlichkeit hatte der General Berg schon vorher (15. December 1863) eine außerordentliche Einkommensteuer von 12 pct. auferlegt. Noch härter war das Schicksal der übrigen ehemals polnischen Länder, welche sich an der Jnsurrection betheiligt hatten. In Po- dolien und der Ukraine ward der Adel massenweise eingekerkert; in Litthauen versuchte der General-Gouverneur Murawieff das polnische Element völlig auszurotten, indem er die russische Sprache unter
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